ErnĂŒchterung nach der großen Pleite

KSV Hessen - Darmstadt 98 0:3 (0:1)
Der KSV Hessen Kassel verliert das Duell in der Fußball-Regionalliga SĂŒd gegen Darmstadt mit 0:3.
Wer die 90 Minuten zuvor nicht gesehen hatte, der brauchte sich am Ende nur eine Minute im Innenbereich des Kasseler Auestadions aufzuhalten, um alles zu wissen. Ein Ordner sprach von einem schwarzen Tag, ein Vorstandsmitglied vom KSV von einer Blamage. Im Hintergrund leerten sich die Ränge, während sich auf dem Platz die Wehrlosigkeit der Heimmannschaft ein letztes Mal an diesem Tag zeigte: Nur der Pfosten verhinderte ein weiteres Gegentor.

Danach war Schluss. Und statt Freude herrschte Ernüchterung: Der KSV Hessen Kassel hat das Hessenderby der Fußball-Regionalliga Süd verloren - 0:3 gegen Darmstadt 98. Schlimmer noch: Die Mannschaft von Trainer Matthias Hamann hatte eine desolate Vorstellung geboten - eine ohne echte Torchance, eine ohne Tatendrang, eine ohne den unbedingten Siegeswillen. Jetzt steckt der KSV wieder mitten im Abstiegskampf: Nur noch zwei Punkte stehen die Löwen über dem Strich - und auch der Gegner von diesem Samstag ist nur noch vier Punkte entfernt.

Dabei war dies ein Tag, an dem eigentlich alles passen sollte: 8000 Fans am Samstag im Auestadion, das Wetter nicht zu schlecht, nicht zu gut. Fußballwetter eben. Der Gegner angeschlagen, ersatzgeschwächt.

Doch schon nach drei Minuten war klar, dass dieses Spiel kein gutes Ende nehmen würde für den KSV Hessen: Darmstadt 98 tauchte bis dahin schon zweimal gefährlich vor des Gegners Tor auf; Marcus Mann scheiterte aber ebenso wie Richard Hasa an KSV-Torhüter Oliver Adler.

Verkorkster Beginn

Und der KSV kam nicht ins Spiel - auch nicht über den Kampf. Spielmacher Marc Arnold sprach nachher von fehlender Zuordnung und von Nervosität nach der verkorksten Anfangsphase. Vielleicht ist das eine Erklärung: Darmstadt 98 agierte von Beginn an so, als gäbe es nur noch diese eine Chance, die Klasse zu erhalten. Der KSV dagegen vermittelte den Eindruck, als habe er den Sieg in diesem so wichtigen Spiel gar nicht nötig. Nur Oliver Adler hielt fast alles, was so auf seinen Kasten kam. Aber eben auch nur fast: Vor dem 0:1 durch Stephan Hankes Kopfball im Anschluss an eine Ecke blieb er auf der Linie - und war dort in der 35. Minute machtlos.

Wer gedacht hatte, die Löwen kämen nach der Halbzeit bissiger aus der Kabine, der sah sich bald getäuscht. Das 0:2 fiel prompt und zu einem für Darmstadt sehr guten Zeitpunkt, wie deren Trainer Gerhard Kleppinger anschließend befand. Diesmal köpfte Nico Beigang unbedrängt und trocken. Manchmal kann Toreerzielen ganz einfach sein.

Kein Aufbäumen

Und die Kasseler? „Steht auf, wenn ihr Kasseler seid", skandierten die Anhänger aus dem Fanblock der Osttribüne. Doch es stand keiner mehr auf. Weil ein Aufbäumen auf dem Platz ebenfalls schwer auszumachen war. Es schien, als hätten die KSV-Akteure die positiven Tugenden der vergangenen Wochen und Monate einfach abgelegt. Es hätte mehrerer Elfmeter der Sorte Mailand bedurft, um den KSV nochmal ins Spiel zu bringen. Aber für solche Fehlentscheidungen wie jüngst beim Champions-League-Spiel der Bayern war der Schiedsrichter Matthias Kristek aus Büdingen zu gut, und womöglich war Kassel an diesem Tag auch zu schlecht, um selbst Geschenke anzunehmen.

Den Schlusspunkt in Sachen Tore setzte so auch folgerichtig Darmstadt: Der eingewechselte Alberto Mendez lupfte den Ball über Oliver Adler. Dessen Körperhaltung sprach Bände: Er schaute einfach dem Ball hinterher. Eine Form der Resignation. Ihm ging es wie jedem KSV-Spieler. Marc Arnold sagte es nachher: Am liebsten würde er den Tag streichen.

 

Von Florian Hagemann
HNA-Sportredaktion
Dienstag, 10. April 2007

 

Stimmen zum Spiel:
Matthias Hamann (KSV Hessen Kassel): „In der Kabine herrschte nach dem Spiel Totenstille. Die Mannschaft ist total konsterniert. Für mich ist die Leistung unerklärlich. Aber jetzt müssen wir nach vorne schauen und wieder an unserer Aggressivität und Zweikampfstärke arbeiten, um nächstes Wochenende in Pfullendorf wieder erfolgreich zu sein."

Gerhard Kleppinger (Darmstadt 98): „Das war ein sehr wichtiger Sieg. Wir waren von Anfang an präsent. Der Erfolg ist auch in dieser Höhe absolut verdient." Thorsten Bauer (KSV-Stürmer): „Die Darmstädter haben den Kampf angenommen. Die wussten, um was es geht. Wir haben dagegen wohl gedacht, dass wir irgendwie gewinnen würden. Was wir heute gezeigt haben, war ganz schlimm." Dominik Suslik (KSV-Abwehrspieler): „Wir waren wie gelähmt. Das Bemühen war sicherlich da, mehr nicht. In solch einem Spiel musst du dir aber den Arsch aufreißen, da müssen die Fetzen fliegen. Vielleicht hat sich bei uns zu schnell eine Art Gelassenheit breit gemacht, und das Bewusstsein war nicht da, ganz unten zu stehen. Das darf nicht sein. Ich will hoffen, dass sich das nun ändert. Wir dürfen jetzt nur von Spiel zu Spiel schauen."



Von Florian Hagemann
HNA-Sportredaktion
Dienstag, 10. April 2007

 


Einzelkritik

Nur Adler und Berger in Form

http://www.dasbesteausnordhessen.de/pictures/TNARTIKEL07-03-18-122640_KSV-STU-II_8812-750.JPG
zoomDenis Berger war noch einer der Besten
Foto: Roland Sippel
Die KSV-Spieler in der Einzelkritik - diesmal mehr schlecht als recht.Oliver Adler: Bewahrte sein Team mit drei Glanzparaden vor noch mehr Gegentoren. Hätte vor dem 0:1 aus seinem Kasten kommen können.

Turgay Gölbasi: Was war nur mit ihm los? Setzte sich auf der rechten Seite nie entscheidend durch und wirkte auch im Defensivverhalten nicht so sicher wie sonst. Das war nicht der Gölbasi, den die Fans kennen.

Thorsten Schönewolf: Wegbereiter für das letzte Gegentor. Auch er alles andere als in Normalform.

Dominik Suslik: Trägt auch Verantwortung für eine an diesem Tag desolate Abwehr, aber er bäumte sich zumindest noch einmal auf.

Michael Kümmerle: War kaum zu sehen - nur einmal zu Beginn. Und da vergab er eine der wenigen kleineren Torchancen.

Daniel Beyer: Meckerte bei seiner Auswechslung. Dabei konnte er nur über einen unzufrieden sein: über sich selbst.

Mario Klinger: Der Sechser tauchte immer wieder im gegnerischen Strafraum auf, köpfte einige Male aufs Tor und verbreitete zumindest ein bisschen Gefahr. Aber längst nicht so stark wie unmittelbar nach der Winterpause.

Denis Berger: Bingo! Endlich ein Feldspieler, der einigermaßen Normalform erreichte. Wirbelte mal auf der linken, mal auf der rechten Seite. Allerdings: Er spielt zu selten den tödlichen Pass.

Marc Arnold: Hatte in Zivojin Juskic einen unangenehmen Gegenspieler. Setzte auch deshalb kaum Akzente. Nicht der Spielmacher, den der KSV so dringend benötigt.

Thorsten Bauer: Bemühte sich, kämpfte, aber fand keine Bindung. Dass selbst er keine Torchance hatte, sagt einiges über das Spiel des KSV.

Sebastian Wojcik: Wojcik? Wojcik? Stimmt, der hat auch mitgespielt. Schlecht allerdings. Folgerichtig seine Auswechslung in der 53. Minute. Sie kam nur zu spät.

Julio Cesar: Sorgte nach seiner Einwechslung zumindest noch ein bisschen für Belebung im KSV-Angriff. Die Betonung liegt aber in diesem Fall auf dem Wort bisschen.

Bulut Aksoy: Hätte fast ein Tor erzielt. Vergab aber nach Bergers Flanke kurz vor Schluss. Ansonsten unauffällig.


Von Florian Hagemann
HNA-Sportredaktion
Dienstag, 10. April 2007

 

Der Fahrplan bis Pfullendorf

Heute steigen die KSV-Spieler wieder ins Training ein - Samstag Duell gegen Abstieg.

Weil Matthias Hamann ein katholisch erzogener Mensch ist, wie er selbst sagt, haben seine Spieler an Ostern frei bekommen. Daran geändert hat auch die Niederlage gegen Darmstadt nichts, auch wenn die Leistung den Trainer richtig enttäuscht hat: „Ja so enttäuscht, dass ich das gar nicht in Worte fassen kann."

Der Blick richtet sich nach vorn: Das Spiel am kommenden Samstag in Pfullendorf ist nach der Pleite des KSV nun ein Duell zweier Abstiegskandidaten. Nach der Niederlage bei 1860 München II hat auch Kassels kommender Gegner weiterhin nur 33 Punkte auf dem Konto.

Volle Konzentration auf Samstag. Heute steigen die KSV-Spieler um 16 Uhr auf dem Gelände neben dem Klubhaus wieder ins Training ein, am Freitagmorgen fahren sie Richtung Bodensee, am Abend trainieren sie dort. Und am Samstag wollen sie das 0:3 vergessen machen.


Von Florian Hagemann
HNA-Sportredaktion
Dienstag, 10. April 2007

Veröffentlicht: 10.04.2007

© KSV Hessen Kassel e.V.
Datum des Ausdrucks: 26.04.2024