Traumtor vor Traumkulisse

HNA-ZUSAMMENFASSUNG VOM 1:1-UNENTSCHIEDEN GEGEN DEN FC BAYERN II
10 000 KSV-Fans bejubeln Marc Arnolds Freistoß zum 1:1 gegen die Bayern.
Der kleine Lukas durfte mit zu den Fans. Mit rüber zur neuen Osttribüne, die gefüllt war bis auf den letzten Platz. „Hast du gut aufgepasst? Hast du Papas Tor gesehen?", fragte Marc Arnold seinen vierjährigen Sohn, als er sich aufmachte zu den Anhängern auf den Stehplätzen. Und natürlich hatte Lukas aufgepasst. Hatte wie 10 000 Zuschauer das Tor seines Vaters bejubelt. Dieses traumhafte Tor, das einen traumhaften Fußball-Nachmittag krönte.

Bis zur 77. Minute war der KSV Hessen Kassel einem 0:1-Rückstand gegen die Amateure des FC Bayern hinterhergerannt. Aufopferungsvoll kämpfend, aber erfolglos. Dann hatte Arnold sich den Ball zum Freistoß zurechtgelegt. 25 Meter waren es bis zum Tor. Arnold lief an, schoss. Der Ball stieg, flog über die Mauer, drehte sich nach innen, landete genau im Eck. Es war ein perfekter Freistoss. Und der verdiente Lohn. „Weil wir uns nie haben hängen lassen", wie Arnold erklärte, „damit die Zuschauer nach diesem Spiel sagen, dass sie wiederkommen."

Es waren so unglaublich viele, die diesmal gekommen waren. „10 000 Kasseler, schalalalala", schallte es durchs Auestadion, nachdem die Zuschauerzahl bekannt gegeben worden war. Vielleicht war das um einige Hundert aufgerundet. Eine großartige Kulisse bei der Eröffnung der Osttribüne war es in jedem Fall.

Und für manchen KSVer war es ein Moment, sich zu erinnern. Etwa an jenen Tag im August 1998, als die Löwen in der Nordstadt am Neubeginn standen. Mit einem 3:0-Sieg gegen Hermannia in der Kreisliga. „Es ist unglaublich, was seitdem passiert ist", sagt Vorstandsmitglied Jochen Gabriel, „an einem Tag wie heute hat sich die Arbeit gelohnt." Auch für Thorsten Bauer, das Kasseler Urgestein im KSV-Dress, war es ein ganz besonderer Nachmittag: „Ich habe immer davon geträumt, so etwas zu erleben", sagte der Stürmer, „dass es Wirklichkeit wird, hätte ich nie für möglich gehalten."

Er selbst hätte zweimal für noch größeren Jubel sorgen können. Bei einem Solo in der 33. Minute, als der Abschluss zu kraftlos war. Und in der Nachspielzeit, als sein Schuss in letzter Sekunde abgeblockt wurde.

Am Ende war das 1:1 aber auch ein gerechtes Ergebnis. Denn die kleinen Bayern präsentierten sich bereits ein wenig wie die großen: Unspektakulär spielend, aber bestens ausgebildet und ungeheuer effektiv. Mit der Ergebnisverwaltung nach Maierhofers Tor (25.) begannen sie aber zu früh. „Da haben wir aufgehört, Fußball zu spielen", ärgerte sich Trainer Hermann Gerland darüber, dass seine Mannschaft erst in der Schlussphase weitere gute Chancen erspielte. Sie wurde bestraft, weil der KSV sich ins Spiel zurück arbeitete, die Abwehr aber nie vernachlässigte. „Das sind Klassespieler. Wir mussten ständig auf der Hut sein", erklärte Mario Klinger.

Und schon wieder ein Tor der Woche?

Auf der Hut sein und gleichzeitig den Weg nach vorne suchen. Der lange versperrt schien, weil neben Bauer auch Arnold mit einem Freistoß an den Pfosten (40.) und Klinger mit einer verunglückten Volleyabnahme (50.) Pech hatten. Dann aber kam die 77. Minute, der traumhafte Freistoß. Die Krönung des Tages, an dem der Fußball endgültig ins Auestadion zurückkehrte. Und der kleine Lukas wird das Tor seines Vaters vielleicht noch häufiger sehen. Der HR will wie bei Thorsten Bauer auch Arnolds Treffer für das Tor der Woche in der Sportschau vorschlagen.

 

 

Stimmen zu Spiel
KSV-Trainer Matthias Hamann: Das war ein schöner Tag für Kassel und den KSV. Diese imposante Kulisse ist toll für die Jungs. Das haben sie sich verdient. Weil wir nach dem Rückstand gut zurückgekommen sind, ist auch das Unentschieden verdient. Verteidiger Mario Klinger: Es ist überragend, wie die Fans uns hier unterstützen. Da kann man sich einfach nur freuen.

Bayern-Trainer Hermann Gerland: In Kassel haben sie viel Geld investiert in eine neue Tribüne. Aber sie haben vergessen, dass Fußball auf Rasen gespielt wird. Der hat heute kein ordentliches Spiel zugelassen.

 

 

Die KSV-Spieler in der Einzelkritik
Arnold, der Mann des Tages


http://www.dasbesteausnordhessen.de/pictures/TNARTIKEL06-11-25-174338_KSV-Muc_7038-650.JPG
zoomMarc Arnold
Foto: Roland Sippel

Oliver Adler: Hatte so viel nicht zu tun. Einmal beim Rauslaufen verschätzt, ansonsten fehler- und beim Tor chancenlos.

Turgay Gölbasi: Ein unglücklicher Tag für den Verteidiger. Einige unglückliche Fehlpässe. Eine unglückliche Aktion bei der Chance (79.), als er den Ball nicht in die Mitte passte. Und dann noch der schmerzhafte Zusammenprall mit Kokocinski.

Thorsten Schönewolf: Sein Rettungsversuch beim Gegentor kam zu spät. Aber ein solider Auftritt.

Mario Klinger: Ein ganz starkes Spiel, auch wenn er Maierhofers Tor nicht verhindern konnte. Lieferte sich tolle Duelle, kam oft nach nach vorn. Schade, dass er sich nach Arnolds Freistoß (50.) nicht selbst mit einem Tor belohnte.

Christoph Keim: Hatte es links oft mit Profi Görlitz zu tun. Löste seine Defensivaufgaben souverän. Nach vorne kam diesmal nicht so viel.

Daniel Beyer: Nicht so auffällig wie in den letzten Heimspielen. Zeigt aber weiter den Mut, zu schießen, wie bei seinem Solo in der 84. Minute.

Sebastian Busch: Klasse, wie er sich immer wieder die Bälle erkämpfte. Nach seiner Verletzung zurecht mit viel Beifall verabschiedet.

Kim Schwager: Energischer Auftritt auf links. Er traut sich was zu, wenn auch längst nicht alles gelingt.

Marc Arnold: Was für fantastische Pässe. Über 40 Meter direkt in Gölbasis Lauf. Oder öffnend vom linken auf den rechten Flügel. Und was für ein fantastischer Freistoß.

Julio Cesar: Gewann kaum Laufduelle, kaum Zweikämpfe. Trennte sich zu spät vom Ball. Wenigstens sein energisches Nachsetzen hatte Erfolg.

Thorsten Bauer: Fleißig, aber mit Pech im Abschluss. So als sein Schuss in der Nachspielzeit noch abgeblockt wurde.

Michael Mason: Nach der Einwechslung zu teilnahmslos.

Murat Turhan/Jan Fießer: Spät im Spiel. Ohne Wertung.

 

Von Frank Ziemke
HNA-Sportredaktion
Montag, 27. November 2006

 

 


Veröffentlicht: 27.11.2006

© KSV Hessen Kassel e.V.
Datum des Ausdrucks: 27.04.2024