Gott hat seine Hand zurĂŒck!

Die KSV-Kolumne von Christof Dörr

Es gibt ja viele Fußballgötter. Für uns Kasseläner, Kasselaner und Kassler kommt in diesem Ranking selbstverständlich Thorsten Bauer an erster Stelle. Der Rekordtorschütze unseres Lieblingsvereins hat in 297 Spielen für den KSV sagenhafte 161 Tore erzielt. Dadurch wurde er insgesamt viermal Torschützenkönig, je zweimal in der Ober- und der Regionalliga. Legendär ist seine Vereinstreue, denn obwohl sich einige Zweitligavereine für ihn interessierten, blieb Thorsten Bauer dem KSV Hessen treu. Damit hat sich unser Fußballgott definitiv einen Ehrenplatz direkt neben unserem Halbgott Herkules verdient.

Deutschlands erster Fußballgott war übrigens Toni Turek. Der Torwart rettete mit zahllosen Paraden den deutschen Sieg im Endspiel der WM 1954 gegen Ungarn. In seiner unvergesslichen Radioreportage rief Reporter Herbert Zimmermann im Überschwang der Gefühle:

„Turek, du bist ein Teufelskerl! Turek, du bist ein Fußballgott!“

Und schwupps, so einfach sorgte ein Gefühlsausbruch im Radio für die Geburt eines geflügelten Begriffs. Für die Bezeichnung "Fußballgott", musste sich Herbert Zimmermann nach Protesten von Kirchenvertretern übrigens offiziell entschuldigen.

Wie ich auf das Thema Fußballgötter komme? Weil ich traurig bin. Ich habe meinen nämlich verloren. Diego Maradona ist gestorben. Für mich der einzig wahre Gott der Fußballgeschichte – SORRY, lieber Thorsten Bauer! 1986, bei der Weltmeisterschaft, saß ich mit 13 Jahren fasziniert vor dem Fernseher und war plötzlich zum Fan der argentinischen Nationalmannschaft geworden. Staunend sah ich mir jeden seiner Auftritte an. Unfassbar, was der damals 25-Jährige ablieferte. Er schoss Tore am Fließband, ließ die gesamte englische Nationalmannschaft stehen, als wären sie alle blutige Anfänger und er wurde zur „mano de Dios“, der Hand Gottes.

Das kam so: Beim 2:1 Sieg im Viertelfinale gegen England lenkte Diego den Ball mit der linken Hand über den direkt vor ihm stehenden englischen Torwart. Das runde Leder ging ins Netz, der Schiedsrichter hatte nichts bemerkt und so zählte das Tor. Nach dem Spiel von einem Reporter auf die Szene angesprochen sagte Maradona:

„Es war der Kopf Maradonas und die Hand Gottes“.

Dem Rest von Gott sei Dank, dass es damals noch keinen Videoassistenten im Keller in Köln oder sonst wo auf der Welt gab. Der unbesiegbare Zauberfußballer war geboren, mein Held, mein Idol. Er konnte danach machen was er wollte, er hatte und hat noch immer einen Platz in meinem Herzen. Auch wenn Lionel Messi und Cristiano Ronaldo deutlich erfolgreicher als Diego Maradona sind, werden sie ihm diesen Platz niemals streitig machen können.

Nicht mal Zinedine Zidane hat das geschafft, obwohl sein Kopfstoß im WM-Finale 2006 für mich zu den drei coolsten Aktionen in der Geschichte des Fußballs gehört. Ein Abgang mit Knall, weil er die Ehre seiner Schwester retten wollte. Die hatte Materazzi namlich als „Nutte!“ bezeichnet und das gehört sich natürlich nicht. Da kann man schonmal ausrasten, selbst wenn man gerade kurz davor steht, Fußball-Weltmeister zu werden. Das Bild des Weltstars, wie er nach der roten Karte an dem goldenen Pokal vorbei in die Kabine läuft ist für mich bis heute einer der größten Gänsehautmomente in der Fußballgeschichte. Ein Fußballgott explodiert und sagt mit diesem Knall ganz laut „Servus, machts gut!“

Aber an Diego Armando kommt nicht mal er ran. Ein Grund dafür ist sicher auch die einzigartige Tragik, die in Maradonas Leben nach dem Fußball steckt. Er lebte es in vollen Zügen, hemmungslos, schonungslos, ohne Rücksicht auf Verluste. Er wurde dick, drogenabhängig, stürzte tief ab, war Pleite und stand wieder auf. Jetzt hat er für immer seine Ruhe und Gott wird sich freuen, dass er nach 34 Jahren seine Hand zurück hat.  

Aber ganz egal, wie EUER Fußballgott heißt, die Band Fettes Brot hat in ihrem gleichnamigen Lied mal zusammengetragen, was ihn ausmacht:

„Er lässt die ganze Meute singen, denn er macht, dass wir heut gewinnen. Zu ihm beten wir am häufigsten, denn er macht ihn rein in der 90. Alle hoffen auf den Fußballgott, alle beten zum Fußballgott!“

Ich bete übrigens seit geraumer Zeit auch zum Fußballgott, und zwar dafür, dass es in der Regionalliga Südwest endlich weiter geht. Bevor ich mir jetzt gleich mit einer Träne im Auge nochmal Diegos schönste und genialste Momente anschaue, können wir alle zusammen eins tun, um das A…%&_‘`=/%...LOCH-Virus doch schneller als prognostiziert aus Kassel und ganz Nordhessen zu vertreiben: Gemeinsam richtig laut, schön und schief singen! „Schalalalaaaaaaa, der KSV ist wieder da!“

Veröffentlicht: 26.11.2020

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Datum des Ausdrucks: 18.04.2024