Von geizigen Schwaben und sparsamen Schotten: Die KSV–Kolumne!

Er hat 6-Mal die Deutsche Meisterschaft gewonnen. 4-Mal den DFB-Pokal. 1-Mal die Champions League. Er gehörte zu Jupps Triple-Helden, die 2012/13 alles abgeräumt haben, was ging. Noch dazu hat er 31 Länderspiele absolviert, aber EINE Erfahrung hat Holger Badstuber in seiner Karriere noch gefehlt: Zu spüren, wie hart das Holz ist, aus dem echte Nordhessen geschnitzt sind. Wie der mit Abstand teuerste Spieler der Regionalliga Südwest am Samstag beim 1:0 von unserem Basti Schmeer stehen gelassen worden ist, links andeuten, rechts rum, Ding drin, das war schon ein echter Augenschmaus. Und zwar nicht von dem, der in seiner Spitzenzeit mal 22 Millionen Euro wert war, sondern von dem, der auch mit 33 Jahren noch fit ist, wie ein junger Hüpfer. Aber nicht nur Basti war Fantasti, das gesamte Team hat gekämpft, gerackert, geschwitzt und gesiegt.

Klar, es war nicht alles Hacke, Spitze, eins, zwei, drei, aber wir sind ja auch nicht das weiße Ballett. Ich sag immer, mir ist eine gepflegte Grätsche an der Außenlinie lieber, als ein Cowboy-Freistoß vom gegelten Ronaldo, der Meterweit über den Kasten geht. So war es ein Start nach Maß in die vierte Liga. Der KSV ist wieder da und hat gleich eine Duftmarke gesetzt. Wenn die Mannschaft es schafft, diese fußballerische Klasse zu erhalten, braucht man sich um den Klassenerhalt in der XXL Regionalligasaison keine Sorgen zu machen und das ist doch eine echte Spitzennachricht. Aber wie sagt der Volksmund so schön: Man soll den Morgen nicht vor dem Abend loben. Das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist. Kurz: Freu dich nicht zu früh. Also: Sektkorken wieder rein, Kronkorken wieder drauf, Ärmel hochgekrempelt und weitergearbeitet.

Nachdem wir es geschafft haben, den sparsamen Schwaben zwei einzuschenken, warten am Samstag die ebenfalls nicht als sonderlich spendierfreudig geltenden Schotten im Löwenzwinger auf uns. Genauer gesagt: Der Turn- und Sportverein Schott Mainz. Mainz, wie die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz. Schott, weil der Hauptsponsor die Schott AG ist. Die ist international führend auf den Gebieten Spezialglas und Glaskeramik. Umsatz: 2,2 Milliarden Euro. Motto: „Wir sind #glasslovers“. Oha – wenn das die Uschi hört! Klingt zwar alles in allem irgendwie nicht sonderlich angsteinflößend. Aber Achtung: Am ersten Spieltag haben die Mainzer Schotten nämlich die Eintracht aus Stadtallendorf 4:2 weggeputzt. Die kennen wir ja noch gut aus der Hessenliga, wo sie gegen uns in der vergangenen Saison 4 Punkte geholt hat. Einen kleinen Tipp hat mir die Telefonseelsorge der Eintracht nach dem Spiel geflüstert: „Liebe Löwen, freut euch bloß nicht zu früh, wenn ihr 2:0 führt.“ Das hat Stadtallendorf nämlich am Samstag gemacht – und wie es ausgegangen ist, wissen wir ja. Unsere äußerst ausgeklügelte Spieltaktik sollte also lauten: Hinten die Schotten dichtmachen (das war das letzte Wortspiel mit dem Vereinsnamen, versprochen!) und vorne den Mainzern mindestens einen einschenken.

Wir wollen am Samstag schließlich den Grundstein dafür legen, dass unser Auestadion auch weiterhin eine Festung bleibt. Uneinnehmbar, wie die Löwenburg es ganz sicher gewesen wäre, wenn es sie im Mittelalter schon gegeben hätte. So wurde sie in Ermangelung von fiesen Raubrittern, zum Beispiel aus Schottland, halt schon als Ruine gebaut. Aber das ist eine andere Geschichte. Sicher ist: Wir Fans werden am Samstag von den sicherlich gut gefüllten Rängen aus ordentlich DammDamm, ääääh, sorry, Tamtam machen und unser Team dazu pushen, den Schotten die Kilts auszuziehen. Dann wissen wir endlich, was die so drunter tragen. Mist, jetzt ist mir doch noch ein Wortspiel mit dem Vereinsnamen rausgerutscht. Ein paar Schoten sind in diesem Fall aber auch einfach zu verlockend.

Aber Spaß beiseite und nochmal zurück zum ex-Nationalspieler Holger Badstuber: Der hat nämlich nicht nur im Strafraum mit Fußballgöttern wie Basti Schmeer so seine Probleme, sondern auch mit seinem ziemlich losen Mundwerk. Nachdem er 2018 eine Gelb-Rote Karte bekommen hatte, schimpfte er, wie ein Rohrspatz: "Ihr seid Muschis geworden, Muschis." Derlei ordinäre Verunglimpfungen von Tieren sollten wir Kasseler Gentlemenschen am Samstag doch bitte dringlichst unterlassen. Sonst kommen wir über Muschis und Vögeln noch in Teufels Küche.

Und da will ich definitiv nicht hin. Ganz sicher will ich aber zur Saisoneröffnung im Auestadion, wenn es um 13 Uhr 59 und 57 Sekunden heißt: 3,2,1, Mainz und endlich wieder 4. Liga gekickt wird, in Kassel! Und jetzt, quasi als Trockenübung, schonmal alle zusammen, so laut, dass man es in ganz Kassel hören kann: Schalalalaaaaaaa, der KSV ist wieder da!

Veröffentlicht: 10.09.2020

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Datum des Ausdrucks: 19.04.2024