Darum ist die Regionalliga wunderbar

19828383848485 - Die KSV-Kolumne

Was mich an der ersten Bundesliga schon lange nervt: Die Organisation läuft perfekt. Es herrscht ein eklatanter Mangel an Chaos, Anarchie und Durcheinander. An wunderbarem Kuddelmuddel eben. Stellt euch doch einfach mal vor, wie toll es zum Beispiel wäre, wenn die Recherche eines Kicker-Reporters ergeben würde, dass das Spiel Bayern München gegen Borussia Dortmund abgesagt werden musste, weil der BVB den Termin verbaselt hat. In München ist die Hütte voll. Der FC Bayern steht auf dem Platz. Kein Dortmunder weit und breit.

Da greift Rummenigge zum Handy und ruft Watzke an:

Rummenigge: „Grüß Gott Hans-Joachim.

Watzke: „Tach auch Karl-Heinz.“

Rummenigge: „Sag mal, wo seid ihr? Wir warten hier. Spitzenspiel und so!“

Watzke: „Wat? Spitzenspiel? Das ist doch morgen. Hier in meinem Terminkalender steht: Sonntach, 15:30 wird Bayern weggeputzt!“

Rummenigge: „Nein! Nicht Sonntag! Samstag 15:30!“

Watzke: „Verflucht! Ist aber gerade auch viel los hier im Puff. Alles klaro. Halt einfach die Leute bei Laune. Vielleicht will der Matthäus ja ein paar Stunden Schuhplatteln oder Alphorn blasen. Wir machen uns auf den Weg!“

Wäre das nicht eine super Geschichte? In der Bundesliga allerdings völlig undenkbar. Da ist alles straff und minutengenau durchgetaktet. Wann die Spieler zum ersten Mal den Rasen betreten. Die Rasenheizung macht das Grün auch im Winter fit und flauschig. Sogar das warme Wasser in den Duschen funktioniert aufs Grad genau.

Da lobe ich mir doch die Regionalliga. Denn ich habe mich im www mal etwas umgegoogelt und etliche Meldungen  zum Schmunzeln, Kopfschütteln oder Haareraufen gefunden. Fest steht: die 4. Liga ist zwar schon sehr professionell, trotzdem hat man das Gefühl, dass sich hinter jeder Ecke auch ein bisschen Chaos versteckt. Hier sind meine Top 5 der skurrilsten Regionalliga-Geschichten.

Auf Platz 5: Spielabsage wegen Raben-Attacke!

Zu einer äußerst kuriosen Spielabsage kam es in der  Regionalliga West . Am 15. Dezember 2018 sollte der  Bonner SC  den TV Herkenrath  09 empfangen. Die Partie wurde jedoch wegen Unbespielbarkeit des Platzes abgesagt. Klar, als erfahrener Fußballfan denkt man jetzt: Dezember, Frost, Eis, Schnee, ist doch nix ungewöhnliches. Für die Absage war allerdings nicht das Wetter Verantwortlich, sondern hungrige Raben. Die hatten den Rasen auf der Suche nach Futter mächtig zerpickt und zahllose Löcher hinterlassen. Das städtische Sportamt sperrte den Platz daraufhin kurzerhand. Das Spiel der beiden Unglücksraben wurde Ende Februar nachgeholt, der Bonner SC gewann 2:1.

Auf Platz 4: Mannschaft ohne Mannschaftsbus!

Der Saisonstart in die Regionalliga-West, Saison 2019/20 stand für die Sportfreunde Lotte unter keinem guten Stern. Die Mannschaft war gerade aus der 3. Liga abgestiegen und hatte große finanzielle Schwierigkeiten. Der Trainer musste den Trainingsstart immer wieder nach hinten verschieben, weil schlichtweg zu wenige Spieler unter Vertrag standen und dann auch noch das: Der Mannschaftsbus wurde gestrichen. Zu ihren Auswärtsspielen mussten die Sportfreunde unter anderem mit privaten PKWs anreisen. "Das sind alles Dinge, die unsere Situation sicherlich nicht verbessern. Aber uns bleibt nichts übrig als hart zu trainieren und am Wochenende Leistung zu bringen.", erklärte Trainer Ismail Atalan. Unter diesen Bedingungen ist Lottes 9. Platz am Ende der Saison definitiv ein großer Erfolg.

Auf Platz 3: Das 55-Minuten Spiel!

Ausgerechnet beim Spitzenspiel der Regionalliga West kam es in der Saison 2017/18 zu einer Panne, die hunderten Fans die Lust am Spiel des Spitzenreiters gegen den Zweiten gründlich verdarb. Das Problem: Die Verantwortlichen in Uerdingen hatten wohl nicht damit gerechnet, dass so viele Zuschauer das Spiel live im altehrwürdigen Grotenburg-Stadion sehen wollen. Knapp 5000 kamen und ziemlich schnell war klar: Der KFC hatte nicht genug Eintrittskarten drucken lassen. Am Haupteingang kam es dadurch zu langen Verzögerungen. Da die Partie aber vom TV-Sender Sport 1 live ausgestrahlt wurde, konnte auch nicht einfach mal so der Anpfiff nach hinten verschoben werden. Es ging also pünktlich los und erst 35 Minuten nach Spielbeginn waren wirklich alle Fans auf ihren Plätzen. Die Spieler auf dem Platz hatten wohl Mitleid mit dem Publikum, denn erst in der zweiten Hälfte fielen die Tore. Das für viele Fans gerade mal 55 Minuten langen Spiel endete 1:1.

Auf Platz 2: Komplettes Team entlassen

Diese skurrile Sparmaßnahme eines ehemaligen Bundesligisten sorgte in der Regionalliga West-Saison 2018/19 für großes Staunen. In der Winterpause hat der Wuppertaler SV einfach mal seine komplette erste Mannschaft vor die Tür gesetzt. Dabei lief es bis dahin gar nicht schlecht: Nach 21 Spieltagen stand man auf Platz 6. Der Grund für die Entscheidung: Weil irgendwie der Wurm in der Buchführung steckte, war plötzlich eine Etatlücke in Höhe von 260.000 Euro aufgetaucht. Mit den Entlassungen sollte die Pleite des Vereins verhindert werden. Trotzdem wollte man die Saison in der Regionalliga zu Ende spielen - mit günstigen Nachwuchsleuten.  Und die haben ihre Sache gar nicht schlecht gemacht: Wuppertal landete auf dem 10. Platz und konnte durch die Sparmaßnahmen gerettet werden.

Der Platz 1!

Die für mich skurrilste Regionalliga-Geschichte spielt in Röchling Völklingen. Hier hat Trainer Günter Erhardt in der Regionalliga Südwest-Saison 2017/18 nämlich zwei seiner Spieler aus Versehen entlassen. Gibt’s nicht? Von wegen: Um Termine besser koordinieren zu können, hat der SV Röchling Völklingen eine WhatsApp-Gruppe. In dieser können sich Spieler, Trainer und Betreuer austauschen. Am 15. Dezember wollte Kapitän Rouven Weber wissen, wann die Weihnachtsfeier beginnt und schrieb in die Gruppe. Sein Trainer antwortete prompt und fügte folgendes hinzu: "Ich werde heute Jeff und Jeremy mitteilen, dass sie sich einen neuen Verein suchen können!" Vermutlich dachte Günter Erhardt, er würde nur seinem Kapitän antworten - doch da war es schon passiert: Torhüter Jean-Francois „Jeff“ Kornetzky und Verteidiger Jeremy Lundy hatten die Nachricht bereits gelesen und der Trainer hatte sich mächtig blamiert. "Ich habe mich direkt nach dem Beitrag in der Gruppe bei beiden Spielern entschuldigt", erklärte der 57-Jährige später. Zudem stellte er klar, dass beide Spieler weiterhin zum Regionalliga-Kader der Völklinger gehören, wenn sie keinen neuen Verein finden.  

So kanns gehen – aber eins ist doch klar: Solche Pannen machen eine Liga erst sympathisch und menschlich. Und irgendwie erhöht es ja auch den Nervenkitzel, wenn man jederzeit damit rechnen muss, dass etwas Verrücktes passiert! Apropos: Beim KSV kennen wir auch manche Kuriosität schon erlebt: So mussten unsere Löwen vor zwei Jahren einen Fünfpunkte-Abzug hinnehmen, weil es uns nicht gelungen ist, ausreichend Schiedsrichter zu stellen. Das haben wir aber mit 18 aktiven Schiris mittlerweile auch im Griff und gut gelöst.

Liebe Fans, ganz egal, wo ihr gerade seid, schließt jetzt alle mal die Augen und drückt dem KSV Hessen ganz fest die Daumen, dass in dieser Saison alles rund läuft. Jaaaaa, ruhig noch etwas länger drücken, wir wissen jetzt ja, was alles schief gehen kann. Und nun singen wir alle gemeinsam so laut, dass man es in ganz Kassel hören kann: „Regionalliga, wie wunderbar, der KSV ist wieder da! Der KSV ist wieder dahaaaaa! Der KSV ist wieder da!“

Veröffentlicht: 16.08.2020

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Datum des Ausdrucks: 19.04.2024