Löwen am Ende wie begossene Pudel

KSV Hessen - KSV Baunatal 0:1 (0:0)
Vor über 2.000 Zuschauern verlor der KSV Hessen das Nordhessen-Derby gegen den KSV Baunatal mit 0:1. Das Tor des Tages erzielte Rene Ochs fünf Minuten vor Spielende.
Strahlende Sieger sehen anders aus. Fast beschämt nahm Baunatals Trainer Bernd Lichte auf der Pressekonferenz die Glückwünsche vom Gegner entgegen. "Ich habe mich letztes Jahr über das Unentschieden hier mehr gefreut, als dieses Jahr über den Sieg". Lichte spürte, das die Stimmung beim sportlichen Konkurrenten in den absoluten Frost-Bereich abgerutscht ist.

Nun geht es für die Löwen also ans Eingemachte. Nur noch vier Punkte plus das recht feudale Torverhältnis trennen den KSV noch vom ersten Abstiegsplatz. Die Schönfärberei und das Optimismus-Gefasel, das in den letzten Wochen von einigen zur Schau gestellt wurde, zerfällt langsam aber sicher wie ein Kartenhaus bei Windstärke fünf.

Die Realität ist eine andere. Aus den neun Partien des Jahres 2005 hat die Mannschaft gerade mal drei lausige Pünktchen auf der Haben-Seite verbuchen können. Und spätestens jetzt rächt es sich, das das Team in manchen Partien allzu schludrig ihre Punkte verschleudert hat.

Hätte man zuletzt die kämpferische Einstellung vom Mittwoch an den Tag gelegt, würde das Team von Bernd Sturm vermutlich im gesicherten Mittelfeld plaziert sein. So aber befinden sich die Löwen in einem Sog, der einen nach unten zieht.

Ein Strudel, bei dem aber auch andere Vereine, die hinten drin stehen, plötzlich gegen vermeintlich stärkere Teams gewinnen. Doch auf die anderen sollte man nicht schauen, sondern nur auf sich selbst. Was fehlt, ist ein Befreiungsschlag, wie in der Hinrunde beim Sieg gegen Vellmar. So ein "big point" ist nun wichtiger als je zuvor, in dieser verkorksten Spielzeit.

Gegen den KSV Baunatal hätte er bereits erfolgen können. Engagiert und couragiert traten die Löwen nach einer etwas schwächeren Anfangsphase auf. "Endlich haben wir mal taktisch diszipliniert gespielt", sagte KSV-Trainer Bernd Sturm nach dem Spiel. Und in der Tat. Die erste Halbzeit des KSV Hessen konnte sich sehen lassen.

Auch wenn nicht allzu viele Torchancen heraus gespielt wurden, es war ohne Frage die stärkste Spielhälfte des bisherigen Kalenderjahres 2005. Baunatals Aktionen wurden früh und energisch gestört, zudem gab es einige gelungene Spielzüge, die immer wieder für Beifall sorgten.

Warum die Löwen in der Tabelle so weit unten angesiedelt sind, zeigte sich dann in Durchgang zwei. Auf dem tiefen Geläuf wurden die Löwen-Beine langsam schwer.

Mit nachlassender Kraft traten die alten Probleme zu Tage, die schon in der Vergangenheit für viele vergeigte Spiele verantwortlich waren. Die Spieler verstrickten sich immer wieder in sinnlose Einzelaktionen, überflüssige Ballverluste waren die Folge. Und wenn man die Lederkugel dann doch wieder hatte, wurde diese meist planlos nach vorne geschlagen.

Baunatal demonstrierte nun seine spieltechnische Überlegenheit und liess Ball und Gegner laufen. Zwangsläufig kamen die VW-Städter damit zu guten Möglichkeiten. Ochs, Neubauer und Usta mit einem Freistoß, den Stollberg noch gerade über die Latte lenken konnte, hatten die Baunataler Führung auf den Fuß.

Erst in den letzten 20 Minuten konnten die Löwen das Spiel wieder ausgeglichener gestalten. Und wie so oft, wenn man hinten steht, fehlt dann das Glück. Nach einer tollen Flanke von Matthias Rudolph zog Daniel Beyer in der 77. Minute volley ab - knapp vorbei.

Mehr Glück hatte Baunatal acht Minuten später. Zunächst vertändelten Artur Tews und Sebastian Busch leichtfertig die Lederkugel, dann wurde Torwart Norman Stollberg der Ball von Usta aus den Händen geschossen. Ochs brauchte nur noch einschieben. Alles hadern mit dem Schiedsrichter half nichts - der Treffer zählte.

Das war dann der Sieg, über den sich nur die kleine Anhängerschar des KSV Baunatal erfreuen konnte. Die Löwen freilich schlichen wie begossene Pudel in die Kabine.

<i>04.05.2005
Oliver Zehe

Fotos: Carsten Müller</i>


KSV Hessen : Stollberg - Krause, Schönewolf, Radler - Keim, Tews, Busch, Rudolph, Beyer - Bauer, Cesar da Rosa. Trainer: Bernd Sturm

Baunatal: Reichhold, Barack, Gonther, Gölbasi, Witzke, Avakhti, Gertenbach, Lichte, Neubauer, Usta, Ochs.

Ausgewechselt: 73. Latifiahvas und Suslik für Bauer und Krause, 86. Chalaskiewicz für Tews - 68. Daghfous für Avakhti.

Zuschauer: 2.200 (1.913 zahlende).

Tor: 0:1 Rene Ochs (85.).


<b>Stimmen zum Spiel:</b>

Bernd Sturm (Trainer KSV Hessen): "Wenn man die Seuche hat, wird man sie so schnell nicht mehr los. Wir haben sehr diszipliniert gespielt. Leider haben wir in der 2. Halbzeit zu viele Fehler beim Spielaufbau gemacht und dadurch sehr viel Kraft gelassen. Baunatal war spielerisch die bessere Mannschaft."

Bernd Lichte (Trainer KSV Baunatal): "Der Sieg für uns geht in Ordnung und ist aufgrund der Spielanteile verdient. Wir wussten, dass der KSV Hessen verunsichert ist und haben versucht, ihn früh unter Druck zu setzten. Die Löwen haben bravourös gekämpft, aber am Ende fehlte ihnen auch etwas das Glück."


<b>Kommentar</b>

Den Kampf annehmen

Die Niederlage gegen Baunatal war für viele ein Schock. Vor allem für die, die seit geraumer Zeit versucht haben, die Situation zu verharmlosen. Nun muss auch der größte Optimist erkennen, dass die Löwen mitten drin stecken, im Abstiegskampf.

Die Niederlage gegen Baunatal gibt aber auch Hoffnung. Der Aufwärtstrend vom Eschborn-Spiel wurde am Mittwochabend fortgesetzt. Auf dem Platz stand endlich wieder eine Mannschaft, die diese Bezeichnung auch verdient hat. Es wurde gekämpft und gerackert. Das Team war für den Außenstehenden wieder als Einheit erkennbar. Gegen Eschborn und Baunatal wurde dieses Engagement noch nicht mit Punkten belohnt. Nun heißt es Nerven behalten und den Kampf annehmen. Dann werden auch bald wieder Erfolgserlebnisse zu verzeichnen sein. Und es gibt viele Dinge, die für die Löwen sprechen. Der KSV hat immer noch, wenn man das Torverhältnis mit einrechnet, einen Vorsprung von fünf Punkten. Und die Potential der Mannschaft ist höher, als das, der anderen Kellerkinder.

Auch die Zuschauer können mithelfen. Alle, denen der KSV am Herzen liegt, sollten die Mannschaft am Samstag gegen Bad Vilbel unterstützen. Und viel Geduld mitbringen. Ein schönes Spiel kann es in dieser Situation kaum geben. Aber es kann für alle das lang ersehnte Erfolgserlebnis bringen. Das Potential dazu hat die Mannschaft. Und auch die Kasseler Fans.

Oliver Zehe
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Aufstellung

Veröffentlicht: 04.05.2005

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Datum des Ausdrucks: 16.06.2024