Schock in der Nachspielzeit

KSV Hessen - SV Erzhausen 1:1 (1:0)
Zwei wichtige Punkte im Kampf um die Oberliga-Meisterschaft büßte der KSV Hessen am Samstagnachmittag gegen den SV Erzhausen ein. Trotz zahlreicher Torchancen, insbesondere in der ersten Halbzeit, reichte es nur zu einem 1:1-Unentschieden. Der Erzhäuser Ausgleich fiel dabei erst in der Nachspielzeit.
Samstagnachmittag, 16.56 Uhr im Auestadion. Der KSV Hessen führt mit 1:0 gegen den SV Erzhausen, ist zu diesem Zeitpunkt Spitzenreiter der Oberliga Hessen. Die zweite von drei angezeigten Nachspiel-Minuten ist gerade abgelaufen, es gibt noch eine Ecke für den Gast aus Südhessen. Zittern beim Kasseler Anhang, die Erinnerung an die Hinrunde, wo man gegen Marburg und Baunatal vier wichtige Punkte in der Nachspielzeit eingebüßt hat, ist noch frisch. Und die Geschichte wiederholt sich. Nach einer Kopfballverlängerung steht der eingewechselte Gerhard Schwarz plötzlich vier Meter vor dem Tor und köpft den Ball freistehend in die Maschen. Die Zuschauer verfolgen apathisch die Erzhäuser Jubeltänze, die KSV-Spieler sinken zu Boden. Nichts war es mit der Tabellenführung.

Unter dem Strich zwei unnötig vergebene Punkte. Unnötig deshalb, weil es der KSV wieder mal selbst in der Hand hatte. Wie schon in Hünfeld eine Woche zuvor, wurden im ersten Durchgang hochkarätige Torchancen fast im Minutentakt verjubelt. "Wir hätten zur Pause eigentlich 3:0 führen müssen", ärgerte sich Trainer Thomale nach dem Spiel. Das ganze im Schnelldurchgang: Kopfball Keim über das Tor (3.), Kopfball Schönewolf gehalten (7.), Bauer einen Schritt zu spät (8.), Freistoß "Chala" aus 25 Metern knapp drüber (11.), Kopfball Bauer knapp vorbei (30.), Bauer nach toller Nebe-Flanke einen Schritt zu spät (31.), Nebe völlig frei am Torwart gescheitert (41.), Bauer und Rudolph verpassen den Ball nach "Chala"- Flanke nur knapp (44.).

Aber es waren nicht nur die Chancen, die dafür sorgten, dass die Zuschauer ein höchst interessantes Fußballspiel geboten bekamen. Immer wieder verwöhnte der KSV seinen Anhang mit guten, durchdachten Spielzügen, der Ball lief wunderbar durch die Kasseler Reihen. Als sich die ersten Zuschauer schon für das Halbzeit-Bier anstellten, klappte es dann doch noch. Eine scharfe Rechtsflanke von Nico Radler köpfte Matthias Rudolph per Hechtsprung ein - 1:0, das ganze hochverdient.

Mit donnernden Beifall wurden die Löwen die Kabine geschickt, eine Halbzeit, die Appetit auf mehr machte. Unerklärlich dann der Bruch in Halbzeit zwei. Erzhausen gewann im Mittelfeld immer mehr Spielanteile, der KSV zog sich weit zurück, wurde immer passiver. Woran lag es? War der Akku nach der tollen, aber Kraft raubenden ersten Halbzeit leer? Waren die Köpfe der Spieler blockiert? Oder lag es einfach daran, dass eine starke Erzhäuser Mannschaft noch mal alles versucht hat? "Von jedem etwas", meinte Thomale nach dem Spiel. Erzhausen machte aber aus der optischen Überlegenheit im Mittelfeld zunächst sehr wenig. Torchancen blieben die Ausnahme. Mit zunehmender Spielzeit wurde nun aber das Nervenflattern einiger KSV-Spieler immer offensichtlicher. Viele Chancen versiebt, dadurch den Gegner wieder aufgebaut - einige Löwen wirkten nun, die Tabellenführung dicht vor Augen, blockiert und gehemmt. Insbesondere bei Standard-Situationen wackelte der KSV. "Wir sind leider nicht in der Lage gewesen, den Gegner mit ruhigen Fußball auszukontern", kritisierte der Trainer. Und in der Tat wurden die nun größer werdenden Freiräume in der Erzhäuser Deckung fast gar nicht mehr genutzt. Einzig Weitschüsse (Busch 64., Chalaskiewicz 70.) sorgten für so etwas wie Torgefahr. Anders als in Hünfeld waren auch die Spielerwechsel diesmal nicht der Joker. Der Coach opferte die flinken Nebe und Cesar, setzte dafür auf Istenic und Krause, die Ruhe ins Spiel bringen sollten. Die Saat ging nicht auf. "Hinterher ist man immer klüger", sagte der Trainer nach dem Spiel und monierte die fehlenden personellen Alternativen. Wie auch immer, das Ende ist bekannt.

"Chala" hätte diesem Spiel, in einer Saison mit vielen verrückten KSV-Partien, noch die Krone aufsetzten können. In der 93.Minute stürmte er vollig frei auf das Erzhäuser Tor zu, schloss aber etwas überhastet ab. Heraus kam ein harmloser Roller, den Erzhausens Schlussmann Marco Reichel dankbar entschärfen konnte. Das war es dann in diesem Spiel. Ob es das auch mit dem Aufstieg war, kann nur noch Darmstadt 98 entscheiden.

Oliver Zehe

KSV Hessen: Zeljko - Schönewolf, Radler, Keim - Tews, Busch, Chalaskiewicz, Rudolph, Nebe - Cesar, Bauer.

SV Erzhausen: Reichel - Pereira - Yildiz, Giersch - Maier, Schulz, Padovese, Ispir, Ciftci - Simon, Keles.

Ausgewechselt: 80. Istenic für Nebe, 90. Krause für Cesar - 78. Schwarz für Keles, 84. Schneider für Ciftci.

Zuschauer: 2.200, Schiedsrichter: Englert (Schwalheim)

Tore: 1:0 Rudolph (45 + 1), 1:1 Schwarz (90 + 3)


Stimmen zum Spiel:

Hans-Ulrich Thomale (Trainer KSV Hessen): "Man sollte die Mannschaft jetzt nicht zu sehr kritisieren. Wir haben uns in den letzten Wochen viel Kredit erarbeitet. Wenn Darmstadt jetzt aufsteigt, sind sie unter dem Strich die stabilere Mannschaft, aber bis dahin gibt es noch zwei Spiele."

Thomas Epp (Trainer SV Erzhausen): "Ich kann die Betroffenheit hier verstehen. Der KSV hat eine unheimlich starke Saison gespielt, sollte uns aber nun nicht zum Buhmann machen. Wir wollten uns mit unserer Rumpfmannschaft keine Packung abholen."

Aufstellung

Veröffentlicht: 22.05.2004

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Datum des Ausdrucks: 09.05.2024