Die Aktionen scheinen sich gelohnt zu haben
Sport
St. Pauli: Lizenz sicher
Kiezclub realisiert Stufe eins seines Notfallplans: 1,95 Millionen Euro sind heute komplett.
Von Christian Pletz
Hamburg - Corny Littmann tritt auf die Euphoriebremse - und zwar energisch. "Ich betrachte unsere Rettungsaktionen wie Fußballspiele", sagt der Präsident des FC St. Pauli, "und da wir in den vergangenen Monaten oft leidvolle Erfahrungen mit Gegentoren in den letzten Sekunden und in der Nachspielzeit hatten, werde ich unser jetziges Spiel auch nicht vor dem Abpfiff loben." Dabei sehen die Vorzeichen gut aus. Einen Tag vor dem Fristende wird der abgestiegene Zweitligaclub alle Lizenzierungsbedingungen erfüllen und dem Deutschen Fußball-Bund die erforderlichen 1,95 Millionen Euro für die Drittliga-Spielgenehmigung präsentieren.
Heute wird Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) das letzte, notwendige Teil des Rettungspuzzles bekanntgeben. Die Stadt wird dem finanziell angeschlagenen Club voraussichtlich die Aufbauten (Kunstrasenplatz etc.) des Nachwuchsleistungszentrums am Brummerskamp für 720 000 Euro abkaufen.
Die Rettungs-Gesamtsumme in Höhe von 1,95 Millionen Euro setzt sich im wesentlichen aus drei Bausteinen zusammen:
. An erster Stelle stehen die Einnahmen aus der Rettungskampagne. Da die Aktionen noch bis Ende August fortgesetzt werden, große Veranstaltungen (Benefizspiele gegen den FC Bayern und HSV, Konzert, Freiluftkino) erst in der Zukunft stattfinden, kann der Gesamterlös noch nicht prognostiziert werden. St. Pauli rechnet mit maximal zwei Millionen Euro. Schon jetzt kann der Verein aber sichere Einnahmen so glaubwürdig darstellen, dass die HSH Nordbank AG für einen Teil bürgt. Die Bürgschaft soll zwischen 800 000 und einer Million Euro liegen.
. Hinzu kommen die vorhandenen Bargelder von den Spendenkonten, aus dem T-Shirt- und zum Teil auch aus dem Dauerkarten-Verkauf. Allein am Wochenende setzte St. Pauli dank der Mithilfe von 50 ehrenamtlichen Verkäufern knapp 10 000 Retter-Shirts auf dem Spielbudenplatz und auf dem Fischmarkt ab. "Die Nachfrage ist gigantisch", sagt Littmann. Und sie scheint ungebrochen. Der Club kaufte europaweit alle braunen T-Shirts auf. Knapp 40 000 (davon rund 22 000 per Internet-Bestellung) wurden bislang vertrieben und garantieren somit 400 000 Euro. Auch der Dauerkartenverkauf spült Geld in die leeren Kassen. Mit 5000 verkauften Tickets liegt St. Pauli nur noch 1000 Karten hinter der eingeplanten Marke. Allerdings sollen Einnahmen aus diesem Bereich nur kurzzeitig das Liquiditätsproblem beheben, denn der Dauerkartenverkauf ist fester Bestandteil der Etatplanung für die Saison 2003/04. Wie hoch die Bargeld-Gesamtsumme ist, mögen die Verantwortlichen noch nicht abschätzen. Erst heute bekommen sie Rückmeldungen der Trink-Aktion (pro Bier kassierten mehr als 60 Kneipen und Bars 50 Cent Aufschlag für den Verein) und neue Zwischenstände der Spendenkonten. Mehr als 600 000 Euro dürften erreicht sein.
. Der dritte Baustein ist das Geld der Stadt für das Nachwuchsleistungszentrum.
"Wenn wir die Lizenzbedingungen tatsächlich erfüllen sollten, dann hätten wir Teil eins der Rettung vollbracht", sagt Littmann. "Wir hätten dann ein Stückchen unserer Vergangenheit bewältigt, müssten aber weiter so hart arbeiten, um auch die Zukunft gestalten zu können", meint Vizepräsident Gunter Preussker.
Der Etat für das Regionalligateam (1,3 Millionen Euro) soll dringend erhöht werden, um möglichst kurzfristig einen konkurrenzfähigen Kader aufzubauen. Die Stürmer André Breitenreiter und Bachirou Salou sind als Neuzugänge im Gespräch.