Sein Name steht für den größten Skandal im deutschen Fußball: Robert Hoyzer. Der Berliner gehörte eine Wett-Mafia an, verschob Bundesligaspiele. Nun muss er die Strafe absitzen - 29 Monate Gefängnis. Vor dem Haftantritt gab Hoyzer SPORT BILD ein Exklusiv-Interview.
SPORT BILD: Herr Hoyzer, am Freitag treten Sie in Berlin-Hakenfelde Ihre Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten an. Mit was für Gefühlen?
Robert Hoyzer im Interview mit SPORT BILD (hjs)
Robert Hoyzer (27): Mit gemischten Gefühlen. Es schlagen zwei Herzen in mir. Ich bin zu 60:40 froh, dass es nun losgeht. Natürlich möchte ich die Strafe hinter mich bringen, aber ich wehre mich auch innerlich dagegen. Ich genieße jede Stunde Freiheit. Seit dem 22. Januar 2005, als alles in den Medien das erste Mal erschien, sind fast zweieinhalb Jahre vergangen. Da kommen nun 29 Monate Gefängnis drauf. Das Gesamt-Programm dauert also fünf Jahre.
Haben Sie keine Angst?
Angst nicht. Vielleicht Unruhe und Respekt, die jeder Mensch hätte. Vergleichbar ist das mit einem neuen Job, wenn man zum ersten Mal durch die Tür beim neuen Arbeitgeber kommt. Worauf soll sich aber meine Angst beziehen?
Es gibt Mithäftlinge, zum Beispiel.
Ich bin für den offenen Vollzug geladen. Da wird als erstes überprüft, ob ich dort auch bleiben darf. In der Regel dauert das so zwei Wochen. Da befinden sich Menschen mit meinem Profil. Verurteilte, die im Leben bleiben sollen. Ich kenne auch jemanden, der sitzt gerade in Hakenfelde. Der hat eine Bank ausgeraubt. Ein Bekannter über zehn Ecken. Der kommt bald nach fünfeinhalb Jahren raus. Er saß vorher in Moabit. Da ist es echt schlimm. Das würde mir blühen, wenn ich für den offenen Vollzug nicht geeignet wäre. Genauso wenig wird es so ablaufen wie in Kino-Filmen, dass ich nach der Strafe an der Straße mit Tüte stehe und auf ein Taxi warte. Das ist nicht der Sinn des offenen Vollzugs.
Wie läuft das ab Freitag?
In der ersten Phase, die etwa zwei Wochen dauert, wird man zum Beispiel auf psychologische, charakterliche Eignung, soziale Kontakte, Wohnsitz und Arbeitsverhältnis gecheckt. Sowie, ob Rückfälligkeit oder Fluchtgefahr zu erwarten ist. Wenn alles positiv verläuft, käme der offene Vollzug als Freigänger.
Wie wird ein typischer Tagesablauf bei Ihnen sein?
Tagsüber könnte ich meiner Beschäftigung nachgehen. Morgens aufstehen, mit der Arbeit anfangen, abends wieder da sein. Es kann auch passieren, dass ich nur mit Aufsicht am Anfang rauskomme. Da gewährt man mir keinen großen Spielraum. Führe ich mich gut, pünktlich und unalkoholisiert, dann kann das alles klappen. Ich bin ja keine Hohlbirne, mit der man nicht reden kann. Dann gäbe es Lockerungsmaßnahmen. Die würden so aussehen, dass ich am Tagesende mehr Freizeit oder mal einen Urlaubstag bekommen würde. Dann dürfte ich auch zu Hause schlafen.
Haben Sie Arbeit?
Ja, ich bin in einem kleinen Verlag tätig. Wir produzieren eine Fach-Zeitschrift. Da arbeite ich im Verkauf und Marketing. Das ist mein Haupterwerb. Ich habe ein eigenes Büro, da der Verlag nicht aus Berlin kommt.
Was braucht man im Knast?
Herrisch, selbstherrlich: So wirkte Robert Hoyzer als Schiedsrichter auf die Spieler (Imago)
Ich kaufe vorher noch ordentlich ein. Das Gefängnis ist ja nicht das Hilton: Unten einchecken, oben genießen. Nein, ich muss abwaschen, brauche einen Wasserkocher, eine Kaffeemaschine. Und das Klopapier ist dort mies. Das grenzt schon an normales Papier. Ich fange mit der Haftzeit auch ein Fernstudium im Marketing an. Also habe ich genug Lehrmaterial dabei. Ich glaube auch, dass eine Playstation erlaubt ist. Dann nehme ich noch einen Fernseher und Zeitschriften mit.
Welche Bücher lesen Sie?
Drei. Nummer 1: "Wenn Gott wirklich wäre." Ich bin Christ und arbeite sehr eng mit einem Pfarrer zusammen. So eine Art Psychologe, der mir die ganze Zeit zur Seite gestanden hat und auch während der Haft-Zeit zur Seite stehen wird. Mit ihm kann ich über alles ganz offen reden.
Buch Nummer 2 ist ...
Ulrich Wickert: "Gauner muss man Gauner nennen". In dem Buch komme ich auch vor.
Und Nummer 3?
"Endlich Nichtraucher". Ich muss mit Rauchen aufhören. Trotzdem nehme ich Zigaretten als Tauschgut mit ins Gefängnis.
Sie schreiben an einem Buch. Wie weit sind Sie?
Es ist so weit fertig formuliert. Ich stelle mir nur eine Frage: Will ich an allem die Öffentlichkeit teilhaben lassen? Es ist sehr intim und detailliert. Die ersten vier Monate nach Bekanntwerden des Skandals habe ich Aufzeichnungen gemacht. Das tut schon weh, wenn ich die heute lese. Das Manuskript ist fertig.
Soll das Buch eine Abrechnung werden?
Nur noch selbst am Ball: Robert Hoyzer (Imago)
Nein, das will ich nicht. Viele würden das aber denken, weil viel drin steht. Ich kann nur so viel sagen: Wenn ich Schiri-Chef Volker Roth eine Liste geben würde mit den Schiris, mit denen ich bis in die Nacht vor dem Spiel gefeiert habe, mit Mädels unterwegs war, dann muss er die Schiri-Liste halbieren. Ich will niemanden verbrennen. Ich habe aber ein Problem damit, wenn man so tut, hier haben wir die Schwarzen Schafe, und danach sind wir alle wieder sauber. Das ist definitiv nicht so.
Wie müssen wir uns sonst Hoyzer im Knast vorstellen?
Ach, das ist wie ein Männerwohnheim. Oder eine Jugendherberge. Spartanische Einrichtung, kein Kühlschrank. Da muss die Fensterbank halt helfen. Vor den Fenstern sind übrigens auch keine Gitter. Ich hoffe, dass ich eine Einzelzelle bekomme. Die werde ich dann mit Sagrotan-Tüchern desinfizieren. Genauso den Telefonhörer, den rund 400 Knackis benutzen.
Knackis? Nennen Sie sich selber auch so?
Man kann mich Knacki, Krimineller, Verurteilter oder Betrüger nennen. Darüber identifiziere ich mich schon lange nicht mehr.
Werden Sie die Knast-Mannschhaft pfeifen?
Pfeifen werde ich nie mehr. Es sei denn, es gibt ein Spiel für einen guten Zweck und es macht Sinn. Wenn es aber um Fußball spielen geht, bin ich der Erste, der am Leder ist.
Kommen wir zu Ihrer Familie. Wie geht Ihre Freundin mit Ihrer Haftzeit um?
Wir sind erst kurz zusammen. Ein halbes Jahr. Wir kennen uns aber schon länger. Das Thema Haft war ihr also schon bekannt. Wir müssen nun schauen, ob es funktioniert. Wir stehen der Sache offen gegenüber und schmeißen die Flinte nicht gleich ins Korn. Es ist nicht selbstverständlich von ihr, das Ganze mitzutragen. Das wird ein Kraftakt.
Wie gehen Ihre Eltern mit der Situation um?
Die sind in der Zeit mit der Situation gewachsen. Wenn ich überlege, wie meine Mutter am Anfang die Zeitung aufgeschlagen hat – keiner will über sein Kind so etwas lesen. Die Situation, die jetzt bevorsteht, ist auch nicht schön. Vor allem für meine Mutter: Sie ist ein sensibler und sehr empfindsamer Mensch. Ihr geht das sehr nahe. Da werden Tränen fließen.
Sie werden lebenslang mit einem Skandal in Verbindung gebracht. Ist es eine lebenslange Strafe, die Sie absitzen müssen?
Ich sehe das nicht so dramatisch. Auch daran gewöhnt man sich. Aber ich bin nicht bereit, mein Leben lang Schuld zu tragen und mich in zehn Jahren noch entschuldigen zu müssen. Auch das werde ich jetzt nicht mehr tun. Ich habe mich mehrmals - vielleicht zehnmal zu viel – entschuldigt. Ich fange überall im Leben bei Minus 10 an.
Wie wird in Ihrem Alltag mit dem Namen Hoyzer umgegangen?
Ja, da habe ich viel erlebt. Letzens will ich meinen Anschluss bei der Telekom ändern und rufe da an. Ich buchstabiere meinen Namen. Fragt die Gegenseite: Sind Sie mit dem Schiedsrichter verwandt? Der Name ist einfach Programm. Manchmal wünsche ich mir, Müller oder Meier zu heißen.
Haben Sie schon mal überlegt den Namen abzulegen?
Nein. Auch damit muss ich in aller Konsequenz für mein damaliges Handeln büßen. Ablegen – das würde ich feige finden.
Fußballer bekommen Rot, wenn Sie den Schiri "Hoyzer" nennen...
Ja, aber damit habe ich ja nichts mehr zu tun. Mit Fußball habe ich nichts mehr am Hut. Nur die Kirchenliga-Mannschaft liegt mir am Herzen. Wir steuern auf die Meisterschaft zu.
Die Konsequenzen aus Ihrem Handeln waren enorm. Wie ging es Ihnen damals?
Ich hatte mal eine Phase, die mich völlig überfordert hat. Da war die Ballyhoo-Phase, als alles an die Öffentlichkeit gelangt ist. Es gab quälende Gedanken. Und die Angst, dass ich kapituliere. Meine Gefühlswelt war so aufgelöst, schwammig und unkontrolliert. Keiner ahnt, was los ist, wenn 30 Reporter vor der Tür stehen. So etwas kannte ich nur aus Filmen. Hätte das länger gedauert, hätte ich wirklich einen Strick genommen. Es gab schon Erscheinungen, die in diese Richtung gingen...
Was ist nach der Ballyhoo-Phase passiert?
Ich habe mich zurückgezogen. Am Stadtrand habe ich dann bei meiner Tante in einem Waldstück in Dalgow gelebt. Da gab es dann nicht mehr die Frage: An welchen Baum hänge ich mich – an den Kirsch- oder Tannenbaum?
Wie sehen Sie sich heute?
Ich bin gelassener, ruhiger, anders geworden. Viele Dinge habe ich geändert. Ich brauche aber Menschen, die mir vertrauen. Einen Arbeitgeber, der mir vertraut. Vielleicht würde ich auch als Chef sagen: Hoyzer? Das ist mir zu heiß, den nehme ich nicht. Fakt ist aber: Das, was ich da momentan mache, liegt mir sehr. Die wichtigste Komponente in meinem Leben ist und wird sein, ob ich eine Chance bekomme. Dann werde ich sie nutzen.
In Ihrem Job kommen Sie viel mit Menschen in Kontakt. Wie reagieren die, wenn Sie sich melden?
Ich habe vor allem mit Industriekunden oder der Hotel-Gastronomie zu tun. Hat man dauerhaft Kontakt mit den Menschen, wächst ein Vertrauensverhältnis. Dann kommen auch die Nachfragen zu meinem Namen. Es legt aber keiner einen Telefonhörer auf. Das gab es noch nie.
Was sagt der Arbeitgeber, dass Sie jetzt ins Gefängnis müssen?
Ich habe mir extra Urlaub nehmen müssen und gehe ja dann – hoffentlich während meiner Haftsttrafe – schon in den Job zurück.
Der DFB fordert von Ihnen 1,8 Millionen Euro Schadensersatz. Spielen Sie schon Lotto?
Mit Glücksspiel habe ich nichts mehr zu tun. Ich werde auch nicht die Glücksfee im Gefängnis, keine Sorge.
Und die 1,8 Millionen?
Eine Stange Geld, aber ich sehe dem entspannt entgegen. Ich kenne die Klageschrift vom DFB, die sie einreichen wollen. Mit der Vorgehensweise habe ich aber ein großes Problem.
Warum?
Ab und zu war mal ein Journalist auf der richtigen Spur... Dass Herr Zwanziger jetzt alles so umdreht, von wegen, der DFB hätte alles so toll aufgeklärt – das kann ich nicht mehr hören. Ich hätte mich mit Horst Hilpert und Rainer Koch nicht zusammensetzen müssen. Ich habe mich dreimal als Zeuge zu anderen Spielen geäußert, mich massiv an der Aufklärung beteiligt. Ich habe Koch mit Aussagen unendliche Male zur Verfügung gestanden. Das Gesülze von Herrn Zwanziger nervt nur noch. Man soll mir ja keinen Orden verleihen, aber ein bisschen Realität muss dabei sein. Ich habe ausgesagt! Was wäre denn passiert, wenn ich nichts gesagt hätte? Nichts! Das hätte sich bis heute hingezogen. Übrigens: Der DFB hat mir einen ganzen Bundestag in Rechnung gestellt. Etwa 178000 Euro.
Was fordern Sie?
Herr Zwanziger sagte immer, er wolle mich als Mensch nicht verbrennen lassen. Aber er macht das Gegenteil. Wenn er von Aufklärung spricht, sollte er meinen Namen nicht ungenannt lassen.
Ihr Ex-Freund Manuel Gräfe ist gerade Fifa-Schiedsrichter geworden...
Das sehe ich entspannt und gönne ihm auch seinen sportlichen Erfolg. Trotzdem werde ich den Eindruck nicht los, dass er sich gefreut hat über das, was mir passiert ist. Er ist sehr missgünstig und hat schon immer neidisch von oben auf mich geschaut. Ein Jahr nach den Veröffentlichungen über mich trat er in einem Interview noch einmal nach. Per SMS hat er mir noch zuvor mitgeteilt, dass er mich wiedersehen und mir später helfen wolle. Ein guter Schiri, menschlich sehr schwach und enttäuschend. Für seine Karriere ging er schon immer über Leichen
Geben Sie eigentlich noch immer Autogramme?
Auch da gibt es zwei ganz schwierige Punkte. Erstens: Wie reagieren die Leute? Da gibt es Menschen, die mir sehr kritisch gegenüberstehen. Da denkt man: Will der Dir jetzt eine runterhauen? Zweitens: Da gibt es natürlich auch welche, die mich als prominent sehen. Leb mal diesen Unterschied. Du weißt nie, was passiert. Ich konnte wochenlang nirgends hingehen. Daran muss man sich erst gewöhnen.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Ich hatte eine Zeit lang eine Art Verfolgungswahn. Da habe ich in jeden Blick etwas hinein interpretiert. Ich habe alles auf mich projeziert. Es hat mich wahnsinnig gemacht.
Wann haben Sie das letzte Mal gewettet?
Vor Bekanntwerden des Skandals.
Wer wird Deutscher Meister?
(lacht) Wenn ich das genau wüsste, würde ich doch bestimmt darauf wetten.
Hoyzer: Heute muss er in den Knast
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Alle meine Kommentare spiegeln meine persönliche Meinung dar.


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