Laufende Litfaßsäulen - Werbung auf dem Hintern ?
Laufende Litfaßsäulen - Werbung auf dem Hintern ?
Spiegel von heute:
Laufende Litfaßsäulen
Von Detlef Hacke
Darf eine Mannschaft auf dem Hintern Werbung tragen? Arminia Hannover klagt nun gegen das Nein des DFB vor einem Zivilgericht.
DPA
Trikot-Werbung: Keine tote Hose
Wie so manch skurrile Idee nahm auch diese ihren Anfang bei zapffrischem Bier. Jürgen Scholz, 38, Vorsitzender des heruntergewirtschafteten Traditionsclubs Arminia Hannover, saß mit einem Freund in der Altstadtkneipe "Teestübchen" zusammen. Der Chef des Amateur-Oberligisten klagte über die chronisch leere Vereinskasse und den Zwang, "neue Einnahmequellen zu finden".
Der Kumpel, ein Boutiquenbesitzer, der gerade erst eine lokalpatriotisch angehauchte Wäschekollektion herausgebracht hatte, auf der groß "Kanzlerstadt" aufgebügelt steht, war zur Hilfe bereit. Die beiden kamen überein, das Label auf den Hintern der Arminen-Kicker zu platzieren. Po-Werbung zu tragen, so etwas hatte in Deutschland noch nie eine lizenzierte Fußballmannschaft gewagt.
Eine ungeheuerliche Provokation für die Tugendwächter des Sports. Seit Arminia Hannover im Herbst 2003 in der vierten Liga erstmals mit dem Reklameslogan über dem Gesäß antrat, ist deshalb ein juristisches Muskelspiel im Gange. Zweimal haben Sportgerichte des Niedersächsischen Fußball-Verbands den Club zu Geldbußen von insgesamt 300 Euro verdonnert, weil Werbung in Deutschland lediglich auf den Trikots erlaubt sei und dort auch nur vorn. Scholz ignorierte die Urteile, sieht er sich doch weiterhin im Recht, so zu werben, wie er möchte.
Jetzt strengt der Vereinsboss einen Zivilprozess an und hat den Deutschen Fußball-Bund (DFB) beim Landgericht Frankfurt am Main verklagt (Aktenzeichen 2-06 O 101/05). Er will damit jene "Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung" kippen, die der DFB erst im vergangenen Oktober verschärft hat und die im schlichten Herrenausstatterdeutsch münden: "Als Werbefläche dienen ausschließlich die Vorderseite und ein Ärmel im Oberarmbereich des Trikots."
Was zunächst nach einer lokalen Petitesse um einen vielleicht schon totgerittenen PR-Gag klingt, birgt in Wahrheit die Antwort auf die spannende Frage, ob in Deutschland bald Proficlubs wie Bayern München ihre Kicker fast nach Belieben mit Stickern bepflastern und einen Po-Sponsor als Co-Sponsor akquirieren dürfen. In Ländern wie Belgien, Spanien oder Frankreich lassen es die Verbandsoberen zu, dass Hosen und Stutzen vermarktet werden. In Österreich laufen die Spieler gar bunt gescheckt wie Litfaßsäulen auf - ein Horrorbild für den DFB, dessen Nationalspieler zwar für Bier Reklame machen, der aber in Fragen des Outfits auf eine ordentliche Erscheinung seiner kurzbehosten Repräsentanten bedacht ist.
Die juristische Argumentation der Frankfurter Regelhüter ist jedoch eher dünn. Denn im Juli 2003 strich der Fußball-Weltverband Fifa aus seinen Bestimmungen jene zwei Sätze, die es den Clubs verbaten, woanders als auf den Trikots zu werben. Damit erlaubt die Fifa offiziell eine Praxis, die sie zuvor schon klammheimlich toleriert hatte. Dass der DFB von dieser Linie abweicht, hält Scholz für reine Willkür: "Er könnte morgen ja auch auf die Idee kommen, dass niemand mehr mit weißen Schuhen oder langen Haaren auflaufen darf, nur weil ihm das geschmacklich nicht in den Kram passt. Und: Warum provoziert Po-Werbung den deutschen Verband, aber warum nicht den österreichischen oder spanischen?"
Fast wörtlich steht der Vergleich mit den Schuhen und den Haaren auch in der 24-seitigen Klageschrift, die Rechtsanwalt Scholz selbst formulierte. Der DFB hat es also nicht mit einem übellaunigen Provinzfürsten zu tun, sondern mit einem Volljuristen und Insider: Einige Zeit saß der Master of European Law Niedersachsens Fußball-Verbandsgericht vor, zudem berät er Profis in Rechts- und Vertragsfragen.
Scholz wusste, wie obszön es auf die konservativen Anzugträger in der Spitze des DFB wirkt, wenn Spieler mit beschriftetem Hintern herumlaufen - und dass sie deshalb nie freiwillig nachgeben würden. "Eine Genehmigung einzuholen konnte ich mir schenken. Es war ein Test", sagt Scholz, "mir geht es ums Prinzip." Darum, dass einem klammen Verein wie dem SV Arminia die Geldquellen in Sichtweite versiegen, weil die Geschmacksnerven des Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder irritiert sind. "Diese arrogante Haltung", sagt Scholz, "ärgert mich am meisten."
Seitdem er die Klage eingereicht hat, ist der "Kanzlerstadt"-Slogan vorerst von den Pobacken verschwunden: um nicht weiter zu provozieren, wie Scholz sagt, und dem Gericht vor einem möglichen Prozess guten Willen zu zeigen.
Sollte das DFB-Verdikt aufgehoben werden, will der Vereinsboss einen neuen Sponsor suchen - einen, der etwa 15.000 Euro pro Saison zu zahlen bereit ist. Denn bisher floss wegen der ungeklärten Rechtslage kein Geld. Die hannoversche Boutique hat lediglich die mit dem Schriftzug "Kanzlerstadt" bedruckten Hosen geliefert.
Auf den Ausgang darf man gespannt sein....
Gruß
Achim
Laufende Litfaßsäulen
Von Detlef Hacke
Darf eine Mannschaft auf dem Hintern Werbung tragen? Arminia Hannover klagt nun gegen das Nein des DFB vor einem Zivilgericht.
DPA
Trikot-Werbung: Keine tote Hose
Wie so manch skurrile Idee nahm auch diese ihren Anfang bei zapffrischem Bier. Jürgen Scholz, 38, Vorsitzender des heruntergewirtschafteten Traditionsclubs Arminia Hannover, saß mit einem Freund in der Altstadtkneipe "Teestübchen" zusammen. Der Chef des Amateur-Oberligisten klagte über die chronisch leere Vereinskasse und den Zwang, "neue Einnahmequellen zu finden".
Der Kumpel, ein Boutiquenbesitzer, der gerade erst eine lokalpatriotisch angehauchte Wäschekollektion herausgebracht hatte, auf der groß "Kanzlerstadt" aufgebügelt steht, war zur Hilfe bereit. Die beiden kamen überein, das Label auf den Hintern der Arminen-Kicker zu platzieren. Po-Werbung zu tragen, so etwas hatte in Deutschland noch nie eine lizenzierte Fußballmannschaft gewagt.
Eine ungeheuerliche Provokation für die Tugendwächter des Sports. Seit Arminia Hannover im Herbst 2003 in der vierten Liga erstmals mit dem Reklameslogan über dem Gesäß antrat, ist deshalb ein juristisches Muskelspiel im Gange. Zweimal haben Sportgerichte des Niedersächsischen Fußball-Verbands den Club zu Geldbußen von insgesamt 300 Euro verdonnert, weil Werbung in Deutschland lediglich auf den Trikots erlaubt sei und dort auch nur vorn. Scholz ignorierte die Urteile, sieht er sich doch weiterhin im Recht, so zu werben, wie er möchte.
Jetzt strengt der Vereinsboss einen Zivilprozess an und hat den Deutschen Fußball-Bund (DFB) beim Landgericht Frankfurt am Main verklagt (Aktenzeichen 2-06 O 101/05). Er will damit jene "Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung" kippen, die der DFB erst im vergangenen Oktober verschärft hat und die im schlichten Herrenausstatterdeutsch münden: "Als Werbefläche dienen ausschließlich die Vorderseite und ein Ärmel im Oberarmbereich des Trikots."
Was zunächst nach einer lokalen Petitesse um einen vielleicht schon totgerittenen PR-Gag klingt, birgt in Wahrheit die Antwort auf die spannende Frage, ob in Deutschland bald Proficlubs wie Bayern München ihre Kicker fast nach Belieben mit Stickern bepflastern und einen Po-Sponsor als Co-Sponsor akquirieren dürfen. In Ländern wie Belgien, Spanien oder Frankreich lassen es die Verbandsoberen zu, dass Hosen und Stutzen vermarktet werden. In Österreich laufen die Spieler gar bunt gescheckt wie Litfaßsäulen auf - ein Horrorbild für den DFB, dessen Nationalspieler zwar für Bier Reklame machen, der aber in Fragen des Outfits auf eine ordentliche Erscheinung seiner kurzbehosten Repräsentanten bedacht ist.
Die juristische Argumentation der Frankfurter Regelhüter ist jedoch eher dünn. Denn im Juli 2003 strich der Fußball-Weltverband Fifa aus seinen Bestimmungen jene zwei Sätze, die es den Clubs verbaten, woanders als auf den Trikots zu werben. Damit erlaubt die Fifa offiziell eine Praxis, die sie zuvor schon klammheimlich toleriert hatte. Dass der DFB von dieser Linie abweicht, hält Scholz für reine Willkür: "Er könnte morgen ja auch auf die Idee kommen, dass niemand mehr mit weißen Schuhen oder langen Haaren auflaufen darf, nur weil ihm das geschmacklich nicht in den Kram passt. Und: Warum provoziert Po-Werbung den deutschen Verband, aber warum nicht den österreichischen oder spanischen?"
Fast wörtlich steht der Vergleich mit den Schuhen und den Haaren auch in der 24-seitigen Klageschrift, die Rechtsanwalt Scholz selbst formulierte. Der DFB hat es also nicht mit einem übellaunigen Provinzfürsten zu tun, sondern mit einem Volljuristen und Insider: Einige Zeit saß der Master of European Law Niedersachsens Fußball-Verbandsgericht vor, zudem berät er Profis in Rechts- und Vertragsfragen.
Scholz wusste, wie obszön es auf die konservativen Anzugträger in der Spitze des DFB wirkt, wenn Spieler mit beschriftetem Hintern herumlaufen - und dass sie deshalb nie freiwillig nachgeben würden. "Eine Genehmigung einzuholen konnte ich mir schenken. Es war ein Test", sagt Scholz, "mir geht es ums Prinzip." Darum, dass einem klammen Verein wie dem SV Arminia die Geldquellen in Sichtweite versiegen, weil die Geschmacksnerven des Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder irritiert sind. "Diese arrogante Haltung", sagt Scholz, "ärgert mich am meisten."
Seitdem er die Klage eingereicht hat, ist der "Kanzlerstadt"-Slogan vorerst von den Pobacken verschwunden: um nicht weiter zu provozieren, wie Scholz sagt, und dem Gericht vor einem möglichen Prozess guten Willen zu zeigen.
Sollte das DFB-Verdikt aufgehoben werden, will der Vereinsboss einen neuen Sponsor suchen - einen, der etwa 15.000 Euro pro Saison zu zahlen bereit ist. Denn bisher floss wegen der ungeklärten Rechtslage kein Geld. Die hannoversche Boutique hat lediglich die mit dem Schriftzug "Kanzlerstadt" bedruckten Hosen geliefert.
Auf den Ausgang darf man gespannt sein....
Gruß
Achim
Einmal Löwe, immer Löwe !!!
Echte Löwen sterben nie!
Die schlafen nur...
LEGENDS NEVER DIE
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