ulath-von-chassalla hat geschrieben:
Das Ziel des Vereins ist doch klar (auch wenn viele Mährköppe das nicht sehen können oder wollen): ein mittelfristiger Neuaufbau der Jugendarbeit und der 1. Mannschaft, um zukunftsorientiert arbeiten zu können. Ziel ist es, mit einem vernünftigen, mittelfristig angelegten Konzept das Ziel (3. Liga, 2. Liga) zu erreichen. Und dafür ist ein kompetenter sportlicher Leiter, wie es Uwe Wolf ist, der den Willen und die Fähigkeit hat, dieses Konzept umzusetzen, Gold wert.
Ulath, mein Gutster, da sind wir mal wieder sehr nahe beieinander. Zumindest, was
unsere Einstellung angeht.
Vor der Saison waren wir beiden Hübschen uns ja einig, dass der Verein langfristiger arbeiten muss. Von einer Konsolidierungssaison, von längerfristigem Denken, war nicht nur bei uns die Rede. Platz 5 plusminus 3 erreichen, dann sehen, welche Mannschaftsteile verbessert werden müssen. Angriff: 2014. Plan A und im Falle eines Aufstiegs Plan B in der Tasche.
Für mich recht überraschend standen wir in der letzten bereinigten Tabelle tatsächlich auf einem Relegationplatz. Das sollte aber eigentlich nichts an der Grundausrichtung ändern. Deswegen fehlt es mir schon irgendwo an Verständnis dafür, dass man sich noch nicht frühzeitig um eine Vertragsverlängerung bemüht. Der Trainer sollte sportlicher Mittelpunkt einer langfristigen Planung sein. Wie soll das sonst funktionieren? Wie soll das Jahr nach der Konsolidierung im Falle des Nichtaufstiegs aussehen, wenn man plötzlich wieder auf Trainersuche geht, obgleich ein Großteil mit der sportlichen Entwicklung durchaus nicht unzufrieden ist? Das ist überflüssige Arbeit, die überflüssige Zeit kostet und überflüssige Unruhe erntet, während andere bereits munter am Kader basteln. Das geht übrigens unabhängig von der Ligazugehörigkeit.
Wolf hat sich, wie jeder Trainer mit der Zeit, das Grundgerüst einer Mannschaft zusammengestellt (mit Spielern, die er bereits kennt - auch das war nicht immer so!), die seine Philosophie verkörpern soll. Klappt es mit dem Aufstieg nicht, hat er noch ein Jahr länger Zeit, daran zu feilen, sie zu perfektionieren - aber zumindest das Grundgerüst steht. Ein neuer Trainer bedeutet: Er übernimmt das Grundgerüst seines Vorgängers, lernt die Spieler kennen und versucht damit so lange zu arbeiten, bis Verträge auslaufen, sortiert aus, kauft ein, bis er sich eine Mannschaft zusammengestellt hat, die seiner eigenen Philosophie entspricht. Das dauert gerne mal ein Jahr (Um dann erneut keinen Vertrag zu erhalten oder hingehalten zu werden?) und bedeutet einen weiteren kompletten Umbruch (ich brauche das nicht alle 1,5-2 Jahre). Ein weiterer Trainerwechsel wäre ein Schritt zurück. Unter einer längerfristigen Planung verstehe ich schon etwas anderes. Abgesehen davon: Was hat das für eine Wirkung auf ambitionierte Kandidaten, zu wissen, dass Erfolg auf dem Schleudersitz in Kassel nicht für eine Vertragsverlängerung ausreicht.
Man muss doch hier in Nordhessens Aushängeschild einmal in der Lage sein, einem Trainer zwei Jahre Zeit zu geben, um an seiner Mannschaft zu feilen. Zumal er das ja alles andere als erfolglos betreibt: Die Erste, eine
Low-Cost Mannschaft, steht in der Tabelle gut bis sehr gut da - und sie lebt! Ein wenig Planungssicherheit für Mannschaft und Trainer (es gibt Vereine, die sich bereits JETZT Spieler sichern!) sind sicherlich ein Vorteil. Für ein lernfähiges Hessen Kassel ist es meiner bescheidenen Meinung nach Zeit, einmal zu sagen: "Ja, er ist unbequem, ja er schießt ab und an über's Ziel hinaus - aber er weiß, was er will, hat genaue Vorstellungen, ist ein Fachmann, hat Professionalität mitgebracht - er ist genau deshalb der Mann, der unsere erste Mannschaft in die Dritte Liga bringen wird und dem wir auf diesem Weg voll vertrauen!" Wer bricht sich da einen Zacken aus der Krone und wo bitteschön ist das Problem? Wo bleibt die Wertschätzung für gute Arbeit? Das geht in meinen Kopf nicht herein und konnte mir bisher nicht rational erklärt werden. Wolf wäre auch im Falle einer Kündigung kein Trainer, der lange auf der Gehaltsliste stehen würde, dazu ist er zu begehrt. Auch das ist ein Grund, sich seine Dienste frühzeitig im Falle eines Nichtaufstiegs zu sichern, ehe es jemand anderes tut. Freiburg würde bei Streich auch nicht anfangen zu pokern.
In anderen Vereinen scheitert langfristiges Denken oftmals an der mangelnden Geduld der Fans. Das in Kassel die Fans diejenigen sind, die den Verein zu langfristiger Planung und Geduld aufrufen, ist sicherlich ungewöhnlich und für den Verein eigentlich ein Segen. Das Risiko einer Verlängerung ist, soweit ich das beurteilen kann, gering. Sportlich sieht es gut aus. Mir fällt kein rationales Argument ein, das gegen eine Verlängerung spricht. Bleiben irrationale Gründe auf persönlicher Ebene, also jener Grund, der Professionalität entgegensteht und eine Reihe Vereine an uns hat vorbeiziehen lassen. Ich persönlich wünsche mir, dass dies nicht so ist, kann mir aber in aller Heterogenität eines Vereins vorstellen, dass es Menschen gibt, denen Wolfs Erfolg ein Dorn im Auge ist. Menschen, die sich über jede Niederlage freuen, um einen unbequemen Trainer schnell los zu werden. Um es kurz zu sagen: Wer sich als Löwe bezeichnet, aber (aus welchem Grund auch immer) dennoch über Niederlagen des KSV freut, ist in meinen Augen nicht nur eine charakterliche Null, sondern dazu noch schädlich für den Verein.
Zum Wohle des KSV sollten eigene Ambitionen, Abneigungen, Seilschaften und Eitelkeiten aus Vereinsliebe zurückgestellt werden. Aus diesen Gründen sind jetzt schon genug Vereine an uns vorbeigezogen.