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Der KSV Hessen Kassel bedankt sich fĂŒr das Interesse und wĂŒnscht noch ein schönes Wochenende.

Die Hölle tobt in Wagen acht

SONDERZUG
Günter Kratz ist angespannt. Der Mann ist Fußball-Fan mit Leib und Seele. Da ist man nicht locker vor dem Spiel der Spiele.
Sein KSV Hessen tritt heute in Darmstadt an. Fast tausend KSV-Anhänger begleiten ihre Mannschaft im Sonderzug. Im Löwen-Trikot lehnt Kratz am Zug-Fenster.

"Wie schön dieser Tag wird", sagt er mit leicht sorgenvollem Blick, "wissen wir um Viertel vor fünf." Am Morgen jedenfalls sind die KSV-Anhänger bester Laune. Treffpunkt Bahnhof Wilhelmshöhe, Gleis eins. Es gibt ja Leute, die können morgens um zehn schon Bier trinken. Ganz schön viele sogar. Und ganz schön viel Bier. 400 Kisten sind in den Zug geladen, der kurze Zeit später, gezogen von der Lok Georg2, im Bahnhof einläuft und in minutenschnelle geentert wird.

Die Polizei ist auch da. Einsatzleiter Carsten Daube und seine Leute begleiten die Kasseler Fangemeinde. Der Großteil ist friedlich. "Ich mache mir keine Gedanken", sagt er. Jens Rose ist da nervöser. "Hoffentlich keine Randale. Hoffentlich keine Hooligans", sagt der KSV-Vorsitzende und Initiator der Fan-Tour.

Jörg Schmidt begrüßt die Reisegesellschaft in Sachen Fußball per Bordfunk. Der KSV-Manager appelliert an die Fans: "Wir wollen nur zweimal halten - in Hersfeld und Darmstadt." Erinnerung an das Hinspiel: Damals waren die Lilien-Anhänger viel zu spät im Auestadion erschienen, weil unterwegs ein Witzbold die Notbremse gezogen hatte. Gebremst wird Georg2 nicht. Im Gegenteil: Im Zug wird richtig Gas gegeben. In den vorderen Wagen geht es noch ruhiger zu. Hier sitzen die VIPs. Die Gespräche drehen sich um das Spiel. Leichte Skepsis herrscht vor. Erinnerung an das 0:2 im Hinspiel. "Chancenlos waren wir da", sagt einer. Quentin Borgolte lässt sich davon nicht beeindrucken. "Wir gewinnen 3:0", glaubt der Siebenjährige, zusammen mit seinem Freund Georg wohl der jüngste Reisende. Papa Linus versorgt sie mit Salzstangen, Schokolade und Fanta. Ansonsten gibts fast nur eine Getränkewahl: Bier!

Mit steigender Wagenzahl wird die Stimmung ausgelassener, bisweilen auch rustikaler. "Die Hölle tobt in Wagen acht", brüllt einer. Dort scheppern Fußball-Lieder und Fetenhits aus den Boxen. Roses Wunsch hat sich nicht erfüllt. Hooligans sind auch da. Sogar aus Göttingen und Leipzig. Auf dem Hinweg bleibt es jedoch bis auf wenige kleine Zwischenfälle friedlich. Ein paar Flaschen fliegen, jemand versucht aus dem Fenster zu klettern. Die meisten aber singen einfach ihre Lieder. Freuen sich auf das Spiel. Wie Burkhard Hess. Der 38-Jährige aus Wellerode ist KSV-Anhänger seit seiner Kindheit. Im Sonderzug sitzt er zum ersten Mal. "Einfach kultig", findet er. Die Stimmung erzeugt Gänsehaut, als der Zug Darmstadt erreicht.

"Hurra, hurra, die Kasseler sind da", schallt es durch den Bahnhof. Natürlich brüllen auch welche ihre Hooligan, Hooligan-Gesänge. Doch vor dem Spiel gibt es keine Chance für Auseinandersetzungen. Die Polizei führt den KSV-Pulk in Busse und direkt zum Böllenfalltor. Wo 90 Minuten Dauerregen warten. 90 Minuten Dramatik. 90 Minuten leidenschaftliche Unterstützung. Eine Festnahme wegen Anzünden von Feuerwerkskörpern. Kleine Scharmützel mit der Polizei. Und wo sich um Viertel vor Fünf alle Kasseler Hoffnungen erfüllen. Dreimal zurückgelegen, dreimal ausgeglichen. Gewonnen.

Es wurde ein sehr schöner Tag.

<i>(Frank Ziemke/HNA-Sportredaktion, 21.03.2004)


Foto Carsten Müller: Knapp 900 Löwen-Fans stiegen am Bahnhof Wilhemshöhe in den Sonderzug nach Darmstadt</i>

Veröffentlicht: 21.03.2004

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Datum des Ausdrucks: 25.04.2024