Triumph durch Chalas Zaubertor

DARMSTADT - KASSEL
Gekämpft, gehofft, gebangt und am Ende gejubelt: Der KSV Hessen und sein mitgereister Tross von tausend Anhängern durchlebten gestern nachmittag im Schlagerspiel der Fußball-Oberliga beim SV Darmstadt98 eine einmalige Berg- und Talfahrt der Emotionen.
Dreimal im Rückstand, dreimal wieder herangekämpft und dann dieser unvergleichliche, unglaubliche 45-Meter-Freistoß von Slawomir Chalaskiewicz, der in der 86. Minute zum 4:3-Siegtreffer der Löwen im Tor der Lilien einschlug.

Ein Zauber-Tor, das die Löwen im Kampf um die Meisterschaft in den siebten Himmel katapultierte, die favorisierten Darmstädter dagegen in ein Tal der Tränen stürzte. Einfach super, was meine Mannschaft heute an Moral gezeigt hat. Was an Fußball und Dramatik geboten wurde, war regionalligareif, fasste ein sichtlich geschaffter, aber überglücklicher Hans-Ulrich Thomale seine ersten Eindrücke von dieser nervenaufreibenden Partie zusammen, die, so KSV-Präsident Jens Rose, keiner je vergessen wird, der das miterlebt hat.

Wie wahr, wie wahr. Nur danach sah es in der ersten Halbzeit nicht aus. Verstärkte Abwehrarbeit auf beiden Seiten, knallharte Zweikämpfe und zerfahrenes Spiel im Mittelfeld. Das Resultat: fast keine Strafraumszenen, keine echten Torchancen - ein Schlager ohne Musik. Klar, ein Schönewolf-Kopfball krachte nach einem Eckstoß an die Darmstädter Querlatte (24.). Und nach 32 Minuten kam der Spitzenreiter durch einen Kopfballtreffer von Ciuca (nach Jovanovic-Freistoß) auch zu seinem Führungstreffer.

Aber Rasse und Klasse strahlte dieses Spitzenduell bis zur Pause nicht aus. Das änderte sich schlagartig nach dem Seitenwechsel. In erster Linie durch die Löwen. Die kamen wie ausgewechselt aus der Kabine. Mit neuem taktischen Konzept. Chalaskiewicz rückte für den gegen Rambo Juskic nicht richtig zum Zuge gekommenen Tobi Nebe von der linken Seite ins zentrale Mittelfeld. Und Julio Cesar kam als zweite Spitze ins Spiel. Ein doppelter Treibsatz mit Zündung - ab ging die Post. Jetzt in Richtung Lilien-Tor. Das 1:1 durch einen Kopfball des wieder überzeugenden Nico Radler (nach Tews genauer Flanke) war die erste Belohnung für nimmermüden Einsatz (55.). Doch wie gewonnen, so zerronnen. Nach Bauers Foul gegen Anicic am eigenen Strafraum (!), zirkelte der Ex-Frankfurter den Ball zur erneuten Führung ins KSV-Netz. Aus und vorbei? Denkste! Das Löwen-Rudel schlug zurück.

Ebenfalls mit einem Freistoß, den Chalaskiewicz unter dem Jubel der Kasseler Fans genau ins Tordreieck setzte (71.). Das Fünkchen Hoffnung im Lager der Gäste hatte jedoch noch keine Chance, sich zu einem Freudenfeuer auszuwachsen. Mit einem weiteren Freistoßtreffer, den diesmal der oft zu ungestüme Markus Krause verschuldet hatte, trat erneut Anicic die Glut aus. Das war`s dann wohl endgültig, so meinten fast alle der 7671 Zuschauer im Stadion Böllenfalltor. Aber auch dagegen hatten die kampfeslustigen und mutigen Löwen etwas. Allen voran Torjäger Thorsten Bauer, der einen weiten Pass von Tews zum 20. Saisontreffer im Darmstädter Gehäuse versenkte.

Ein Husarenstreich, der auch dadurch nicht geschmälert wurde, dass Bauer zwei Minuten vor Schluss mit der gelb-roten Karte des hervorragend leitenden Schiedsrichters Stieler vom Platz gestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Routinier Chala schon endgültig zum König der Löwen gekrönt. Sein Freistoß aus 45 Metern senkte sich hinter den überraschten Lilientorwart Gräber, der den Ball nur noch unter die Latte lenken konnte, von wo aus das Leder ins Netz prallte. Ein Glückstreffer, gab der KSV-Spielmacher lachend zu, und fügte an: So ist eben Fußball, "und deshalb spiele ich den auch noch mit 40."

Darmstadt:
Gräber - Wolf (85. Pleuler), Leifermann, Ciuca, Süß - Jovanovic, Juskic, Anicic, Popp (88. Messinese) - Saridoga, Beigang

KSV Hessen:
Zeljko - Krause, Schönewolf, Keim - Tews, Radler, Nebe (46. Cesar), Chalaskiewicz - Steffen (70. Istenic), Bauer, Rudolph (90. Busch)SR:Stieler (Offenbach) - Z: 7671Tore:1:0 Ciuca (32.), 1:1 Radler (55.), 2:1 Anicic (64.), 2:2 Chalaskiewicz (71.), 3:2 Anicic (78.), 3:3 Bauer (84.), 3:4 Chalaskiewicz (86.)Gelb-rote Karte: Bauer (88.)

<i>(Rolf Wiesemann/HNA-Sportredaktion, 21.03.2004)


Foto Carsten Müller: Matchwinner Chala beim Kopfballduell

Veröffentlicht: 21.03.2004

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Datum des Ausdrucks: 19.04.2024