Löwen ohne Mumm

KSV Hessen - SV Darmstadt 98 0:2 (0:1)
Die Kulisse stimmte, das Wetter war gut, nur die Löwen spielten nicht mit. Vor 7000 enttäuschten Zuschauern verlor der KSV Hessen das Spitzenspiel der Oberliga-Hessen gegen Darmstadt 98 verdient mit 2:0.
Seit Samstag 16.55 Uhr wissen wir mehr. Auch wenn erst acht Spiele absolviert sind. Der KSV Hessen wird in der Spielzeit 2003/04 wohl nichts mit dem Aufstieg in die Regionalliga zu tun haben. Zumindest vorerst nicht. Darmstadt 98 ist nun neun Punkte enteilt und nach diesem Spiel kommen Zweifel auf, ob der KSV Hessen in der Lage sein wird, diesen Rückstand wieder abzuarbeiten. "Wir müssen nun von Spiel zu denken" meinte Trainer Thomas Freudenstein nach der Partie. Was anderes wird den Löwen nicht übrig bleiben.

Der Rahmen war glänzend. Ein herrlicher Spätsommertag; Sonnenschein und über 20 Grad. Und endlich mal ein glänzend gefülltes Auestadion. 7000 wollten dieses Traditionsduell sehen, so viele waren zuletzt im Sommer vor sieben Jahren bei einem Punktspiel in der Arena. Und es wären noch einige mehr gewesen, wenn nicht ein cleverer Lilienfan aus Darmstadt unterwegs im Sonderzug die Notbremse gezogen hätte und so ca. 500 Mitstreitern einen Nachmittag ohne Fußball beschert hätte.

Um so trauriger, dass der KSV diese Chance zur Werbung in eigener Sache nicht genutzt hat. Im Gegenteil. Es wurde ein ernüchternder Nachmittag. Ängstlich und hilflos kickten die Löwen über weite Strecken, hatten Blei in den Füssen und Leere in den Köpfen. Kurz gesagt: Sie waren ohne Mumm.

Bevor die letzten der 7000 Platz genommen hatten, setzten die Lilien bereits ihre erste Duftmarke. Einen Eckball von Jovanovic köpfte Nazir Saridogan drei Meter vor der Torlinie stehend in die Maschen. Von einem Verteidiger oder dem Torwart war nichts zu sehen.

War schon der Anfang geprägt von Nervosität und Fehlern, lief beim KSV nach diesem Tor überhaupt nichts mehr. Ein Spiel fand gar nicht erst statt. Darmstadt attackierte die Löwen früh und aggressiv, Ballverluste am laufenden Band im Mittelfeld waren die Folge. Anstatt gegen zu halten, wirkten die Löwen wie das viel zitierte Kaninchen vor der Schlange.

Auf der Aussenbahn waren Arthur Tews und Matthias Rudolph hoffnungslos überfordert. Chalaskiewicz mühte sich redlich, hatte aber auch einen eher schwachen Tag erwischt. Rudi Istenic spielte blutleer und emotionslos, seine Auswechslung kam fast schon zu spät. Busch rackerte brav aber ohne große Wirkung. Man merkte, dass Owusu an allen Ecken und Enden fehlte. "Wir sind im Mittelfeld überhaupt nicht ins Spiel gekommen", kritisierte Freudenstein nach dem Spiel. Und war von der ängstlichen Spielweise seiner Mannschaft überrascht. "Ich dachte eigentlich, dass wir mit einer etwas breiteren Brust in diese Partie gehen", ärgerte sich "Freude" über seine erste Punktspielniederlage als Trainer.

Da das Mittelfeld der Löwen quasi nicht existent war, hatten es die Spitzen folgerichtig schwer, Akzente zu setzten. Tobias Nebe wich oft ins rechte Mittelfeld aus, um sich selber Bälle zu holen. Das er seit Wochen kein Punktspiel mehr bestritten hat, war ihm allerdings deutlich anzumerken. Thorsten Bauer kämpfte wie ein Löwe, aber was soll ein Stürmer wie er, in so einer Partie ausrichten? Julio Cesar hätte sicherlich weiterhelfen können, doch von einem Einsatz wurde nach dem Freitagtraining abgesehen, nachdem sich herausstellte, dass seine Verletzung doch noch nicht auskuriert ist. Er fällt weitere Wochen aus.

So richtete sich der Fokus auf die Abwehr des KSV. Und die stand, abgesehen von den individuellen Fehlern bei den Gegentoren, ganz passabel. Christoph Keim machte trotz Krankheit in der Woche ein ordentliches Spiel, genauso wie Thorsten Schönewolf. Markus Krause war in Durchgang eins gar der einzige, der den Lilien auch körperlich Paroli bot.

So gab es für die Lilien in der ersten Halbzeit nicht sehr viele Torchancen, bemerkenswert bei der hohen Überlegenheit im Mittelfeld. Wenig verblüffend dagegen die Ausbeute der Löwen. Gleich Null, keine einzige Möglichkeit vor der Pause.

Nach dem Seitenwechsel liessen es die Lilien dann etwas gemächlicher angehen, so dass der KSV langsam ins Spiel kam. Zwar hölzern und umständlich, aber immerhin. Und endlich wachte auch die Kulisse auf und verfolgte die Bemühungen der Rot-Weissen nun mit rhythmischen Klatschen. Fast hätte es was genutzt. Einen abgewehrten Ball nahm Nebe volley, drosch das Leder aber freistehend zwei Meter über das Tor vom beschäftigungslosen Darmstädter Keeper Gräber. Das war die erste und einzige Torchance der Löwen in der 54. Minute. Bitter, dass in diese Aufbäumphase der zweite Treffer der abgeklärten und selbstbewussten Lilien hinein platzte. Aus sehr spitzen Winkel drosch Beigang die Kugel in die Maschen, nachdem er zuvor Thorsten Schönewolf und Christoph Keim hat stehen lassen.

Das war es dann auch nach knapp einer Stunde. Die Zuschauer begannen mit ihrem Abmarsch, auf dem Spielfeld tat sich nicht mehr viel. Auch wenn das Spiel mit Kayacik und Sandifort nun besser lief, als zuvor mit Istenic und Nebe.
"Wir sind noch nicht so weit wie die Darmstädter" meinte Thomas Freudenstein nach dem Spiel. Stimmt, dass hat jeder gesehen. Schade, aber dass der KSV die Chance zur Werbung in eigener Sache nicht genutzt hat.


Oliver Zehe

KSV Hessen: Zeljko - Keim, Schönewolf, Krause - Tews (46. Steffen), Istenic (63. Kayacik), Chalaskiewicz, Busch, Rudolph - Nebe (63. Sandifort), Bauer.

Darmstadt: Gräber -Uster, Ciuca, Hasa - Leifermann, Jovanovic (90. Popp), Juskic, Anicic (90. Brancourt), Wolf (83. Pleuler) - Saridogan, Beigang.

Zuschauer: 7.000. Schiedsrichter: Welz (Wiesbaden)

Tore: 0:1 Saridogan (5.), 0:2 Beigang (61.).


Stimme zum Spiel:

Thomas Freudenstein (Trainer KSV Hessen): "Der Sieg von Darmstadt ist verdient, sie haben das Spiel im Mittelfeld klar beherrscht. In der zweiten Halbzeit haben wir dann etwas besser gespielt, ohne dass uns der große Druck gelungen ist."


<img src="/cms/bilddb/03-09-06-204118_beide_teams.jpg" align="center"><br><br>
<img src="/cms/bilddb/03-09-06-204211_fans_mittelkreis.jpg" align="center"><br><br>
<img src="/cms/bilddb/03-09-06-205125_verletzte.jpg" align="center"><br><br>
<img src="/cms/bilddb/03-09-06-204241_kiddis_vor_dem_einlauf.jpg">

Video und Fotos: Carsten Müller


Aufstellung

Veröffentlicht: 01.12.2003

© KSV Hessen Kassel e.V.
Datum des Ausdrucks: 19.04.2024