Löwen mit Herz und Verstand zum Sieg

SC Borussia 04 Fulda - KSV Hessen 0:1 (0:1)
Durch einen verdienten 1:0-Erfolg bei Borussia Fulda hat der KSV Hessen Anschluss an die Spitzengruppe der Oberliga Hessen halten können. Vor 4.500 Zuschauern in der Johannisau erzielte Thorsten Bauer fast mit dem Halbzeitpfiff das Tor des Tages für die Löwen.
Sekt oder Selters, Spitzengruppe oder Tabellenmittelfeld. Das waren die Alternativen für den KSV Hessen vor dem Spiel in Fulda. Zur Freude der 400 mitgereisten Fans entschieden sich die Löwen für Variante B. Und das ganze mit Herz und Hirn, bei einem bärenstarken Gegner.

War das die gleiche Mannschaft, die sechs Tage zuvor gegen die junge, unerfahrene Mannschaft des KSV Baunatal von einer Verlegenheit in die nächste getappt ist? Die gegen zehn Gästespieler nichts mehr zustande brachte und auch zuvor schon beim Spiel elf gegen elf hölzern und bieder wirkte?

Die Vorstellung in Fulda war eine ganz andere. Mit viel Laufbereitschaft ausgestattet, hoch motiviert und selbstbewusst - so traten die Löwen in der Johannisau auf. Und auch wenn die Borussia die optisch meist überlegende Mannschaft war - der Sieg geht in Ordnung. Weil der KSV zu jeder Zeit das Spiel im Griff hatte. Weil der KSV die besseren Chancen besaß. Und weil der KSV rechtzeitig den Sack zu machte. Insbesondere die junge Garde trumpfte auf. Tews, Busch und Rudolph rannten wie aufgezogene Spielzeugmäuse über den Platz und gaben keinen Ball verloren. Und auch Lamont Sandifort kämpfte und rackerte unermüdlich in der Sturmspitze und brachte die Borussen-Abwehr immer wieder in Verlegenheit.

"Das war ungeheuer wichtig - jetzt können wir wieder in Ruhe arbeiten" freute sich Trainer Thomas Freudenstein nach dem Spiel und wurde von Präsident Jens Rose stürmisch umarmt. Keine Frage - die Mannschaft hat sich nach der harschen aber berechtigten Kritik an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. War der Sieg in Wörsdorf ein erster Schritt in Richtung Besserung, so lieferten die Löwen an diesem milden Dienstagabend ihr Meisterstück ab. Und das gegen einen Gegner, der mit einer durchaus ansehnlichen Truppe ausgestattet ist. Frank Gerster, Jens Paeslack und später auch Andrej Rudy - die Jungs können Fussball spielen. Zumindest bis zum Strafraum. Technisch brillant, mit vielen tollen Flankenwechseln - für das Auge war das schon was, was die Borussia den 4.500 zeigte. Nur im Strafraum waren sie dann mit ihrem Latein am Ende. Da blieben die Herren Krause und Schönewolf ganz klar Chef im Ring und liessen den Osthessen kaum nennenswerte Torchancen.

Ganz anders die Löwen. Dicht gestaffelt und bis in die Haarspitzen motiviert, trugen sie immer wieder ihre Angriffe vor. Und so kamen sie auch zu ihren Möglichkeiten. Chalaskiewicz (wo nimmt der nur seine Ausdauer her?) mit dem Kopf (6.), Keim mit Distanzschuss (16.), Busch ebenfalls aus der Ferne (28.), Bauer frei vor dem Tor einen Schritt zu spät (41.) - die Chancen waren da. Und in der 44. Minute schlug es dann auch im Tor von Mirko Brill ein. Nach einer Ecke von Slawomir Chalaskiewicz rammte Thorsten Bauer den Ball mit seinem Schädel in die Maschen - gerade noch rechtzeitig vor dem Pausenpfiff.

Und auch technisch konnten die Löwen mit den Domstädtern durchaus mithalten. So sahen die Zuschauer ein taktisch und spielerisch hochwertiges Spiel mit viel Tempo, das aber vornehmlich im Mittelfeld stattfand.

Das änderte sich auch nicht in der zweiten Spielhälfte. Da aber zunächst mit einem optischen Übergewicht der Löwen. Und sie hatten weiter Chancen, diesmal sogar noch dickere als in Durchgang Nummer eins. Sandifort scheitert völlig freistehend an Brill (49.), Busch mit Kopfball an die Latte (53.), Sandifort nach Flanke von Chalaskiewicz an den Pfosten (58.). Die Fans rauften sich die Haare. "Wenn man so viele Chancen versiebt rächt sich das meistens" orakelte ein Zuschauer auf der Haupttribüne.

Und tatsächlich - Fulda kam so ab der 60. Minute immer stärker auf. "Da haben wir uns zu sehr nach hinten drängen lassen", ärgerte sich Thorsten Bauer nach dem Spiel. Doch trotz des Übergewichtes der Borussen - so richtig brenzlig wurde es eigentlich nicht mehr bei diesem Duell Schwarz-Rot (Fulda) gegen Rot-Schwarz (KSV). Auch nicht als Sebastian Busch wegen wiederholten Foulspiels vom souveränen Bundesliga-Schiedsrichter Lutz Wagner vorzeitig zum duschen geschickt wurde. Mit einer Ausnahme. In der 89. Minute stand Frank Gerster völlig frei vor Zoran Zeljko und brachte die Lederkugel nicht im Tor unter. Es wäre auch zu bitter gewesen...

Unter dem Strich steht der erste Auswärtssieg in Fulda seit Dezember 1990. Und selten war er wichtiger als am Dienstagabend. Nun sind die Löwen wieder dick im Geschäft, auf der Show-Bühne der Oberliga Hessen.

VON OLIVER ZEHE


KSV Hessen: Zelko - Krause, Schönewolf, Keim - Tews, Owusu, Chalaskiewicz, Rudolph, Busch - Bauer, Sandifort.

Fulda: Brill - Veapi, Wischermann, Bloß - Wengerek, Otto, Abu Nije, Winter, Gerster - Anli, Paeslack.

Ausgewechselt: 59. Rudy für Winter, 69. Münch für Wengerek, 86. Momar Nije für Veapi - 76 Steffen für Sandifort, 87. Radler für Bauer.

Tor: 0:1 Bauer (44.)

Zuschauer: 4.500 (nach Angaben von Bor. Fulda: 5.000). Schiedsrichter: Wagner (Hofheim)

Besonderes Vorkommnis: Gelb-Rote Karte gegen Busch (84.) wegen wiederholten Foulspiels


Stimme zum Spiel:

Thomas Freudenstein (Trainer KSV): Heute wurde uns alles abverlangt. Ich kann mich nicht daran erinnern, in der Oberliga ein Spiel mit einem derart hohen Tempo gesehen zu haben. Wichtig war, dass die Ordnung bei uns stimmte und das die Jungs voll dagegen gehalten haben.

Aufstellung

Veröffentlicht: 23.08.2003

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Datum des Ausdrucks: 23.04.2024