Als der Fußball verloren ging

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Im Dezember 1997 meldete der FC Hessen Kassel Konkurs an - Auestadion für vier Jahre verwaist.
Den 13. Dezember 1997 hat Marc Rosch noch in guter Erinnerung. "Es war ein ziemlich deprimierender Tag", sagt er. Kalt und ungemütlich war er. Gerade einmal 800 Zuschauer hatten sich auf den Rängen des Auestadions verloren. Es war der Tag, an dem der FC Hessen Kassel sein letztes Spiel absolvierte, bevor er Geschichte wurde. Es war der Tag, an dem der Fußball verloren ging. "Als alles vorbei war, haben wir in der Kabine gesessen und geheult", sagt Rosch. Zuvor hatten sich bereits auf dem Rasen nach dem 2:2 im Regionalligaspiel gegen Karlsruhe ergreifende Szenen abgespielt. Die letzten treuen Fans feierten noch einmal ihre Mannschaft und Trainer Horst Schmidt. Aus den Lautsprechen dröhnte "Time to say Goodbye".
Der endgültige Abschied stand einen Monat später fest. Am 13.Januar teilte der Vorsitzende Horst Flöck dem Süddeutschen Fußballverband mit: "Der FC Hessen Kassel sieht sich nicht in der Lage, den Spielbetrieb fortzusetzen." Eine Woche später beschließen die Mitglieder die Auflösung des Vereins. Was war geschehen? Der Nachfolger des im Juni 93 in Konkurs gegangenen KSV Hessen hatte die Kurve nie gekriegt. Von den Zuschauern wurde er bestenfalls geduldet, auf keinen Fall geliebt. "Der FC Hessen war nichts Halbes und nichts Ganzes", sagt ein Mitglied bei der letzten Versammlung. Sportlich sah das dabei nicht einmal schlecht aus. Unter Trainer Franz Brungs gelang die Qualifikation für die neugeschaffene Regionalliga. Und trotz vieler Schwierigkeiten schafften die Löwen auch den Klassenerhalt in Deutschlands höchster Amateurliga. Die finanziellen Schwierigkeiten aber ließen den Klub nie los. Schon unter dem Präsidenten Gerd Hartmann drohte die Zahlungsunfähigkeit.

Der endgültige Niedergang aber wurde am 13. Januar 1997 eingeleitet. An diesem Tag verkündete Horst Flöck, Hartmanns Nachfolger, im feinen Rahmen des Schlosshotels das Bielefelder Modell. Die Profis Eck, Dörfel, Quallo und Studrucker wechselten von der Alm ins Auestadion. Bei den Zahlungen würde der Bundesligist zunächt in Vorleistung treten. Doch der versuchte Befreiungsschlag geriet zum Desaster. Sportlich gelang der Aufschwung unter Trainer Jürgen Gede, der bald von Hans-Werner Moors abgelöst wurde, nicht wie erhofft. Und finanziell ging nach dem dubiosen Bielefeld-Abkommen bald nichts mehr. Am Ende hatten sich die Schulden auf drei Millionen Mark angehäuft. Aus dieser Krise gab es keinen Ausweg mehr.

Vier Jahre sollten vergehen, bis der Fußball endgültig ins Auestadion zurückkam. Mit dem Aufstieg in die Landesliga vollzieht der wieder ins Leben gerufene KSV Hessen die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte. Zum ersten Heimspiel gegen Hünfeld kommen 2000 Zuschauer. Auch Marc Rosch spielt wieder im KSV-Trikot, hilft in seiner letzten Saison noch einmal mit, dass der Durchmarsch in die Oberliga geschafft wird. Es sind noch nicht wieder die ganz großen Zeiten. In den Stadionkurven bröckelt der Beton. Doch auf der Tribüne ist wieder etwas von der alten Stimmung zu spüren. Der KSV lebt wieder. Und mit ihm das Auestadion. "Es ist", sagt Rosch, "halt der Ort für Fußball in der Region."


<i>Von Frank Ziemke

(HNA-Sportredaktion, 07.08.2003)</i>

Veröffentlicht: 07.08.2003

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Datum des Ausdrucks: 20.04.2024