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Der KSV Hessen Kassel bedankt sich für das Interesse und wünscht noch ein schönes Wochenende.

"Wir müssen positiv denken."

Interview mit Oliver Adler
Der 37-jährige Routinier im Tor des KSV hat mit 1,89 m eine Flügelspanne, ähnlich der eines Adlers. Im Team spielt er seit dem 6. Spieltag der aktuellen Saison, nachdem er zunächst seine langjährige Fußballkarriere beendet hatte. Sie führte ihn über die Vereine FV Duisburg 08, Schwarz-Weiß Essen und Preußen Köln zu Rot-Weiß Oberhausen, mit denen er 1998 in die 2. Bundesliga aufstieg, sieben Jahre in der Liga spielte und 1999 bis ins Halbfinale des DFB-Pokals vorstieß.
<i>Oberhausen ist bekanntermaßen keine Zuschauer-Hochburg. So spielst Du selbst hier in Kassel momentan vor mehr Zuschauern als mit RWO in der 2. Bundesliga.</i>

Oliver Adler: Das stimmt. Man war zehn Jahre lang in der Versenkung verschwunden und in der Zeit ist eine ganze Generation weg gebrochen. Wir haben uns dann wieder nach oben gearbeitet, waren vor zwei Jahren sogar mal Tabellenführer in der 2. Bundesliga und dann kommen nur sechs bis siebentausend Zuschauer. Da fragt man sich schon, wie kann dat? Oberhausen hat aber eine große Konkurrenz mit Bochum, Schalke, Dortmund, Essen, Duisburg und dann kommen die Leute nicht auf einmal wieder und sagen, jetzt sind wir wieder Oberhausen-Fans. Wenn man zum Training gefahren ist, hat man sämtliche Wimpel in den Autos gesehen, nur kein Oberhausen-Wimpel. Da hat Kassel ein höheres Potential, weil hier weit und breit kein anderer großer Verein ist.

<i>Du bist in Duisburg geboren, da müsstest Du eigentlich MSV-Fan sein?</i>

Oliver Adler: Ehrlich gesagt bin ich von Kind auf Gladbach-Fan und habe schon ganz früh in der Nordkurve am Bökelberg gestanden. Als ich dann später selbst 2. Bundesliga gespielt habe, ist natürlich ein Traum für mich in Erfüllung gegangen, als ich selbst auf dem Bökelberg spielen durfte. Als Knirps stehst Du noch oben und auf einmal darfst Du unten auf den Rasen, kriegst nur noch Gänsehaut und fährst komplett ab. Das sind Momente, die saugst Du auf und vergisst sie nie mehr.

<i>Was man mitbekommt, bist Du in Oberhausen ein Idol. Welche Geschichten gibt es über Dich?</i>

Oliver Adler: Das müssen andere entscheiden. Ich bin ein Straßenfußballer und liebe den Sport Fußball. Das ist für mich das Absolute. Ich bin bereit ehrliche Arbeit abzuleisten, stehe zu meinen Fehlern und zu meinen Stärken. Ich denke ich bin ziemlich echt rüber gekommen. Die Fans merken, ob ihnen etwas vorgespielt wird oder ob da absoluter Wille hinter steckt. Ich würde mich aber nicht als lustigen Typen beschreiben.

<i>Aber von Deinen Sprüchen und von Deinem Dialekt her …</i>

Oliver Adler: … ja gut, dat is Ruhrpott, dat is normal. Die lustigsten Geschichten passieren aber in der Kabine und da sollen sie auch bleiben.

<i>Die meisten Fernseh-Interviews mit Bundesligaprofis sind langweilig und nichts aussagend. Warum trauen sich die Spieler nichts zu erzählen außer, dass der Ball grün und das Gras rund ist?</i>

Oliver Adler: Heute ist alles nicht mehr so einfach, wegen der Medienpräsenz. Ich habe auch das Gefühl, dass die meisten Reporter gar nicht mehr am Spiel interessiert sind. Die fragen alles Mögliche, aber wenig was mit dem Spiel zu tun hat. Früher hat man im Kicker eine Seite aufgemacht und dann war ein Spielbericht drin. Heute ist da ein kleiner Spielbericht und dann noch wer mit wem und was wann wo wie warum und weshalb, was ist mit dem Trainer und warum spielt der und warum spielt der nicht?

<i>Wo wir gerade dabei sind: Was ist eigentlich mit dem Trainer und warum spielt der Andere nicht? Aber Spaß beiseite. War Dein Wechsel nach Kassel für Dich eine genauso große Überraschung, wie für uns?</i>

Oliver Adler: Das war eine riesen Überraschung. Wir hatten uns schon mal im Sommer unterhalten, da war es für mich aber keine Frage, weil ich meine normale berufliche Laufbahn einschlagen wollte. Ich wollte in einer Immobilienfirma anfangen, das hat sich aber alles verschoben. Auf einmal bekomme ich dann doch noch einen Anruf von Jens Rose, der mir sein Leid geklagt hat. Und da es bei mir beruflich noch nicht so lief, habe ich gesagt, komm ich mach dat. Ich muss aber auch sagen, dass man bei Jens merkt, dass er Fußball liebt und mit Herz dran ist und dann ging alles sehr schnell. Ich bin hier sehr gut aufgenommen worden und für mich ist es auch eine neue Erfahrung. Ich war sonst immer bei meiner Frau und meinen zwei Kindern, brauchte nie umziehen, auch nicht, als ich in Köln gespielt habe.

<i>Leider verläuft die Saison beim KSV nicht so, wie erhofft und nun hinkt man dem großen Saisonziel wieder hinterher. Wie geht es Dir dabei?</i>

Oliver Adler: Ich habe mir das auch alles anders vorgestellt. Vor vier Wochen sah alles noch sehr gut aus und ist in der Zeit leider ein bisschen eingebrochen. Ich kenne aber das Geschäft und weiß, dass es im Fußball nicht nur Höhen gibt. Man muss eben auch in den Tiefen bestehen und muss bereit sein, alles dafür zu geben, egal wo man steht, um wieder auf die richtige Spur zu kommen. Durch verschiedene Gründe, wie verletzte Spieler oder auch zum Teil unglückliche Schiedsrichterleistungen kommt dann eins zum anderen. Jetzt sind wir erfahrenen Spieler gefordert, aber nur das reicht nicht. Jeder muss sich Gedanken machen, denn gerade die jungen Spieler wollen da hin, wo wir schon waren. Dementsprechend muss man dann auch auftreten. Wir reden jetzt nicht mehr vom Aufstieg, sondern müssen zusehen, dass wir innerhalb der Mannschaft wieder Spielkultur reinkriegen und wieder gefestigt sind.

<i>Noch vor einem Jahr hast Du ein Dreierpack von Prinz Poldi bekommen, vor kurzem ein Dreierpack von Waldgirmes. Wie ordnest Du beides ein?</i>

Oliver Adler: Ich habe schon gesagt, ich spiele gerne Fußball. Klar ist es schön, in Köln zu spielen und da auf Spieler zu treffen, die mal in der Bundesliga gespielt haben oder jetzt Nationalspieler sind. Es war auch eine besondere Erfahrung gegen Podolski zu spielen, selbst wenn man drei Tore von ihm bekommt. Wenn ich aber jetzt in Kassel auf dem Platz stehe, ist es für mich nichts anderes und dann ist da der Ball und der darf nicht rein. So einfach is dat.

<i>Es entstand zuletzt das komische Gerücht, dass Du nach dem Derby gegen Baunatal dem Trainer das Trikot vor die Füße geworfen hättest. Was ist da dran?</i>

Oliver Adler: Absoluter Quatsch. Erst einmal gibt es dafür gar keinen Grund und außerdem würde ich so etwas nie machen. Das Trikot von seinem Verein wegschmeißen ist nach spucken das Abartigste, was es gibt. Das wäre eine absolute Respektlosigkeit und auf so eine Idee würde ich nie kommen. Man sollte jetzt auch nicht über negative Sachen reden und auch nicht in Panik verfallen. Wir als Mannschaft verstehen natürlich die Fans, dass sie enttäuscht sind, denn wir sind genauso enttäuscht. Wir werden aber alles versuchen, um aus dieser Krise herauszukommen und es wäre toll, wenn uns die Fans dabei weiter unterstützen. Wir müssen positiv denken. Ich freue mich, wenn wir in Kassel vor vielen Zuschauern spielen dürfen und die Fans ordentlich Bambule machen … dat kommt schon ganz gut rüber. Und wenn man dann noch die anderen Zuschauerzahlen der Oberliga oder sogar der Regionalliga liest, dann sieht man, was beim KSV Hessen Kassel noch machbar ist.

Das Interview führte Tim Siebrecht

www.ksvhessenkassel.de

Veröffentlicht: 08.10.2005

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Datum des Ausdrucks: 25.04.2024