Ich glaub‘, mich knutscht ein Elch!

Die KSV-Kolumne von Christof Dörr

Haben gestern bestimmt sehr viele Menschen gedacht, als sie gesehen haben, wie das zweitklassige Kiel den Champions League Sieger erstklassig aus dem Pokal gekegelt hat. Wie der Bartels da den letzten Elfer eiskalt gegen den Welttorhüter Manuel Neuer in die Maschen gezimmert hat, war schon echt sensationell. Herzlichen Glückwunsch, liebe Kieler! Was das Ganze mit dem KSV zu tun hat? Liegt doch auf der Hand, schließlich haben diese eine total töfte und voll intensive Fanfreundschaft. Und außerdem war das Auestadion Teil der ARD-Vorberichterstattung.

Ja, wer ganz genau hingesehen hat, konnte Ausschnitte von unserer 1:2 Niederlage erkennen. Die war in dem Fernsehbericht selbstverständlich Teil der Erfolgsgeschichte Holstein Kiel, weil unser Kummer für die Sprotten ja den Aufstieg in die 3. Liga bedeutet hat. Und da muss ich sagen, hat mein Herz schon etwas geweint. Denn wenn wir damals, 2013, vielleicht doch in die 3. Liga aufgestiegen wären …? Aber hätte, hätte, Fahrradkette – und irgendwie freue ich mich tatsächlich jetzt erstmals sogar darüber, dass Kiel aufgestiegen ist, sonst hätten wir gestern nicht so einen tollen Pokalabend erleben können.

Nun aber direkt zum KSV und den letzten Auftritt unserer Löwen. Oh weia. Über den vergangenen Spieltag decken wir mal lieber das große schwarze Tuch des Schweigens. Ich kann mir das Ergebnis nur mit einer ausgeprägten Andrea Berg Allergie erklären und die macht mir den KSV gleich noch etwas sympathischer. Was natürlich aufgrund meiner ohnehin schon grenzenlosen Sympathie für den KSV Hessen Kassel eigentlich gar nicht mehr möglich ist.

Unsere Bundeskanzlerin hat am Dienstag gesagt: „Wir brauchen noch 8-10 Wochen harte Maßnahmen!“ Ich vermute, dass sie sich mit dieser Aussage direkt auf das Spiel gegen Sonnenhof Großaspach bezogen hat und finde ihre Forderung definitiv zu lasch! Meiner Meinung nach muss für den KSV ab sofort gelten: Wir brauchen die nächsten 5 Monate harte Maßnahmen. Genauer gesagt bis zum 12. Juni, dem Tag des 42. und letzten Spieltags dieser XXL-Regionalliga-Saison. Wir müssen rennen, schreien, schwitzen und vor allem kämpfen. Wir müssen uns wieder auf die Haupttugenden eines Löwen besinnen. Lieber ein dreckiges 1:0 und drei Punkte mehr auf dem Konto, als in Schönheit sterben.

Denkt immer dran: Unser Auestadion ist auf Kriegstrümmern erbaut und nicht auf den Steinen eines verzauberten Märchenschlosses. Über uns wachen keine Einhörner und Feen, sondern der für seine Stärke und Kampfkraft berühmte Herkules. Ich bin mir sicher: Wir werden in der Regionalliga bleiben. Wir sind definitiv stark genug, um das verflixte erste Jahr mit dem besch…. eidenen Virus zu überstehen. Um das zu schaffen müssen wir aber wieder zu stolzen Löwen werden, die sich nicht von der verlockenden Aussicht auf Urlaub auf dem Sonnenhof einlullen lassen. Und die nicht wegrennen, wenn ihnen eine Salve Andrea Berg entgegenschallt.  

Anfangen können wir mit dem lauten und furchteinflößenden Gebrüll direkt am Samstag. Da geht’s gegen die TSG 1899 Hoffenheim. Die zweite Mannschaft, denn die Erste kickt ja bekanntermaßen in der Bundesliga. Dabei ist es noch gar nicht so schrecklich lange her, dass die erste Mannschaft in der Regionalliga aktiv war. Erst in der Saison 2006/07 sind die Hoffenheimer aus der damals noch drittklassigen Regionalliga Süd in die zweite Liga aufgestiegen.

Einer, der damals, also zu Regionalligazeiten, zur ersten Hoffenheimer Mannschaft gestoßen ist, ist heute der Star der zweiten Mannschaft, allerdings als Co-Trainer. Sejad Salihovic. Der kam 2006 für 250.000 Euro von der Hertha aus Berlin und man kann sagen: Mit ihm kam der ganz große Erfolg nach Hoffenheim. Gleich in seiner ersten Saison schoss er 10 Tore in 30 Spielen und war der Aufstiegsgarant. So ging es von der Regionalliga in die 2. Liga.

Da stießen dann Carlos Eduardo, Chinedu Obasi, Vedad Ibisevic, Demba Ba und Co. zum Team und mit dieser geballten Power ging es direkt weiter in Liga 1. Seit Salihovics Ankunft in Hoffenheim gab es also jedes Jahr einen Aufstieg zu feiern. Und direkt im ersten Jahr Bundesliga gelang es der Truppe auch noch Herbstmeister zu werden und den großen FC Bayern, zumindest in der ersten Saisonhälfte, etwas zu ärgern. Am Ende reichte es dann zwar nicht zum ganz großen Coup, der Aufsteiger wurde dennoch beachtlicher 7. Und ganz nebenbei wurde Sejad Salihovic aufgrund seiner Erfolge in Deutschland auch in Bosnien bekannt und zum Nationalspieler. So kam er zur Weltmeisterschaft 2014 nach Brasilien, schied aber in der Vorrunde aus.

Dem glorreichen KSV muss angesichts dieser Erfolge aber keinesfalls angst und bange werden, denn als Trainer hat Herr Salihovic noch nichts gerissen. Und das wird er ganz sicher auch am Samstag nicht tun. Um 14 Uhr geht’s los im Auestadion und wenn einer der wenigen im Stadion Anwesenden plötzlich denkt: „Ich glaub‘, mich knutscht ein Elch!“, dann liegt das ganz sicher am Hoffenheimer Maskottchen Hoffi! Bevor jetzt komische Gedanken aufkommen: NEIN! Es gab selbstverständlich noch nie freilebende Elche in Hoffenheim! Die Geschichte vom Hoffenheimer Elch ist viel unspektakulärer: Ein ehemaliger Torhüter der TSG hat zu einem Spiel mal einen kleinen Plüsch-Elch als Glücksbringer mitgebracht. Vermutlich wurde dieses Spiel gewonnen und so ist Maskottchen Hoffi entstanden. Das wars schon.

Lieber Hoffi, ich kann dir nur raten, dich am Wochenende warm anzuziehen, denn im Auestadion wartet ein hungriger Löwe auf dich. Und auf die Mannschaft von Co-Trainer Salihovic wartet ein noch viel hungrigeres Löwenrudel. Auf geht’s Jungs, zum ersten Sieg im Jahr 2021. Und jetzt singen wir alle zusammen so schaurig, schön und laut, dass ganz Nordhessen uns hören kann: „Schalalalaaaaaaa, der KSV ist wieder da!“

Veröffentlicht: 14.01.2021

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Datum des Ausdrucks: 19.04.2024