HNA online hat geschrieben:Rüdiger Lamm: "Ich sage nichts!"
Möglicher neuer Manager des KSV Hessen Kassel - Bislang immer wieder mal gefeiert und mal gefeuert
Von Uli Brehme
Rüdiger Lamm liegt in der Sonne. Er will nicht gestört werden. Auch nicht von uns, der Zeitung aus Kassel. Wir wollen vom künftigen Manager des KSV Hessen Kassel telefonisch wissen, wie er sich die Arbeit in Kassel denn vorstellt, welche Wege er mit den Löwen einzuschlagen gedenkt. Doch der 59-Jährige spielt gestern nicht mit, erklärt lapidar, nichts sagen zu wollen. "Ich liege gerade in der Sonne, ich sage nichts", wiederholt er. Punkt, aus.
Der Kasseler Unternehmer Mehmet Göker, der in der nächsten Woche auf Wunsch des bisherigen KSV-Vorstands den Chefposten besetzen soll, hatte am Sonntag angekündigt, dass Lamm in Kassel demnächst einen Vertrag als Manager unterschreiben wird.
Wer ist dieser Mann, der sich in der Branche bundesweit einen Namen als Macher gemacht hat? Der von sich selbst behauptet, das Handy nie abzustellen, um immer fürs Geschäft bereit zu sein? Und der - auch das wird kolportiert - im Zweifel keinem Streit aus dem Wege geht.
Lamm ist gebürtiger Westfale. Anfang der 80er-Jahre steigt er als Leiter einer Anwaltskanzlei ins Sportgeschäft ein. Sein erster Klub: Die Tischtennisabteilung der Spielvereinigung Steinhagen, einer Gemeinde im Ostwestfälischen. Er kniet sich rein, beschafft Gelder, und das führt zum gewünschten sportlichen Erfolg. Steinhagen wird in dieser Zeit mehrfach Deutscher Meister und Europacupsieger.
1994 wechselt Lamm ins Fußballgeschäft, in dem er - mit Unterbrechungen - bis heute als Manager tätig ist. Erster Klub 1994 ist Arminia Bielefeld, damals ein in argen Finanznöten steckender Oberligist. Was folgt, ist eine Erfolgsstory sondergleichen. Er baut ein neues Sponsoring auf, holt ältere, gestandene Profis wie Thomas von Heesen und Armin Eck, verpflichtet Ernst Middendorp als Trainer und schafft innerhalb von nur zwei Jahren den Durchmarsch in die Bundesliga. Lamm sonnt sich im Erfolg, wird in Bielefeld als "Uli Hoeneß Westfalens" gefeiert. Dann der Absturz. Finanziell wie auch sportlich. Die Ausgaben wachsen dramatisch, die Einnahmen sinken und sportlich läuft nichts mehr. 1998 - Bielefeld ist wieder Zweitligist - wird Lamm gefeuert. Er hinterlässt nach Angaben von Insidern einen Scherbenhaufen.
Nach ähnlichem Strickmuster verläuft sein Engagement später bei Kickers Offenbach. Auch die Kickers sind in Nöten, als Lamm dort anfängt. Wieder schafft er es, neue Geldgeber - hauptsächlich aus dem Mittelstand - zu akquirieren. Und erneut gelingt es, mithilfe neuer gestandener Ex-Profis den Klub sportlich nach vorn zu bringen. Als er entlassen wird, stehen die Kickers vor dem Aufstieg in die zweite Liga. Grund der Trennung: Unüberbrückbare Differenzen darüber, wie es weiterzugehen hat. Lamm, der das Risiko nicht scheut, will mehr, während die anderen Klubverantwortlichen beispielsweise auch bei Neuverpflichtungen vorsichtiger sind.
Seine bislang letzte Station als Manager ist Mannheim, genauer der SV Waldhof Mannheim. Ein Traditionsklub, der 2003 insolvent, also pleite ist, und ein tristes Dasein in der Oberliga fristet. Bis Lamm kommt. Im August 2006 legt er nach bekanntem Muster (Geldbeschaffung, Bildung eines Businessclubs für Sponsoren, neue, schon etwas ältere Spieler, Aktionen, um mehr Fans ins Stadion zu locken) los. 2008 erntet er den Lohn. Waldhof steigt als Vierter der Oberliga Baden-Württemberg in die neue Regionalliga auf. Alles im Lot? Nicht ganz, denn vor wenigen Tagen verkündet Lamm seinen Abschied. Er will nicht mehr ins operative Geschäft eingebunden werden. Offiziell ist von einem Streit nichts bekannt. Hinter vorgehaltener Hand aber wird gemunkelt, dass die Waldhof-Verantwortlichen weitere Risiken nicht eingehen wollten.
Jetzt geht's vielleicht nach Kassel. 1997 hatte Lamm schon einmal mit den Löwen zu tun gehabt, nämlich mit dem KSV-Vorgängerklub FC Hessen. Die klammen Nordhessen lassen sich auf ein Leihgeschäft mit Lamm, damals noch in Bielefeld, ein, holen die Spieler Eck, Quallo, Dörfel und Studtrucker. Der Plan geht nicht auf, und die damit verbundenen finanziellen Lasten beschleunigen den Untergang des FC Hessen.
Vielleicht ist Gökers Plan: Lamm baut auf und wird nach einem Jahr und dem Aufstieg in die 3. Liga wieder entlassen.
