Die sind doch gar nicht im Stadion, sondern machen ihren Krawall draußen, insofern ändert das nicht viel. Auch im Bezug zur Hooligan-Gewalt (denn im Gegensatz zu Pyrotechnik handelt es sich hier wirklich um ein Problem und um Gewalt) muss eine bessere Lösung gefunden werden. Europaweites Stadionverbot hindert die C-Leute vielleicht am Betreten des Stadions, nicht aber daran, sich im Umfeld aufzuhalten und dort gleichgesinnte zu suchen. Denn der berühmte "Acker", auf dem die Matches ausgetragen werden, befindet sich ab und an nicht mal in Nähe zum Stadion und manchmal ist das Aufeinandertreffen nicht mal am Spieltag verabredet. Ist immer einer schöne populistische Keule, möglichst restriktive Maßnahmen zu fordern, bringt aber null Sicherheitszuwachs.micha66 hat geschrieben: <Raus aus dem Stadion mit solchen Idioten, Stadionverbot Europaweit und Lebenslänglich.
Und dann stellt sich so ein Ahnungsloser wie Boris Rhein dahin und erklärt, er werde mit dem Kasseler Fanprojekt Kontakt aufnehmen. Aha. Welches Fanprojekt? Gibt's hier nicht, ist kein Geld für da. Setz' Dich doch mal lieber dafür ein, dass es bald eines gibt, Rhein, fällt in Deinen Aufgabenbereich, anstatt große Reden zu schwingen und Wählerstimmen zu fangen, in dem Du so tust, als wärst Du an der Sache ernstlich interessiert. Dafür behaupte ich mal, dass der Polizeieinsatz von Gestern dem Staat etwa soviel Geld gekostet hat, wie ein Fanprojekt im ganzen Jahr verschlingen würde. Abgesehen davon ist sicher, dass auch die Polizei ein hohes Interesse an einem Fanprojekt hätte. Sind in diesem Fall die nächsten aus der Praxis, denen keiner zuhört (nicht mal ihr oberster Dienstherr).
Von alledem abgesehen: Das HNA-Video mit der Bildunterschrift "KSV-Hooligans randalieren nach Spiel" zeigt eine Masse an Menschen, denen ich zu weiten Teilen auch keine Kinder anvertrauen würde. Aber Leute, es zeigt doch keinen Krawall. Es wird aus wirtschaftlichen Gründen etwas lächerliches mitgenommen, um ein Trend-Thema zu bedienen. Wenigstens sind es diesmal nicht allgemein KSV-Fans... Übrigens: Das Verhalten der Polizei während der Pyrotechnik-Aktion war in meinen Augen vorbildlich.
Zum Thema Pyrotechnik war in der gestrigen taz ein sehr guter Kommentar von Lorenzen, den man als Kritiker (ebenso wie das Interview mit Stein) einfach mal lesen sollte, ehe man gerade den DFB von aller Schuld freispricht.
Achso:Genug gequatscht
PYROTECHNIK Kundenbetreuung Marke DFB und DFL: Statt mit den Fans zu sprechen, wird die Polizei mit Pfefferspray geschickt
PYROTECHNIK Stellen Sie sich eine Firma vor, die mit ihren treuesten Kunden einen Dialog vereinbart, um bestimmte kundenfeindliche Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Die Kunden setzen sich zusammen, befragen Experten, erarbeiten Vorschläge und verzichten eine Weile sogar auf jede Reklamation. Und dann treten die Firmenchefs vor die Kamera und verkünden: "Es hat grundsätzlich nie die Bereitschaft gegeben, die Beschränkung zu lockern. Sollte das nicht auf die Arbeitsebene durchgedrungen sein, müssen wir Kommunikationsfehler eingestehen."
So geschehen vor drei Tagen, als die beiden obersten deutschen Fußballfunktionäre Zwanziger (DFB) und Rauball (DFL) in bewährter Basta-Manier die Hoffnung zahlreicher Fußballfans auf Legalisierung der Pyrotechnik zerstörten. Genug gequatscht Jungs, jetzt zeigt euch Vaddern mal, wo es langgeht! Was bei jeder anderen Firma zu einem massiven Imageverlust geführt hätte - im Konsortium DFL/DFB passt es nur zu gut ins Bild. Hier wird noch von oben nach unten durchregiert und von der Kundschaft erwartet, dass sie das Produkt Profi-Fußball in der von ihm zurechtgestutzten Form konsumiert.
Die "Arbeitsebene", zu der etwas nicht durchgedrungen sein soll und die sich zu weit in den Dialog mit den Fans gewagt hat, heißt Helmut Spahn und war bis zum Sommer Sicherheitschef des DFB. Spahn stand nie im Verdacht, womöglich als 5. Kolonne der Ultras in der DFB-Zentrale zu sitzen. Als eine seiner letzten Amtshandlungen, bevor er einen neuen Job in Katar antrat, rüffelte er die Verantwortlichen von Eintracht Frankfurt für den seiner Meinung nach zu laxen Umgang mit gewaltbereiten Fans.
Aber anders als die Leitungsebene seiner Firma hat Spahn begriffen, welche Bedeutung das Zünden von bengalischen Feuern für die Ultra-Szene hat. "Wir lieben es, wenn die Kurve in einem Meer aus Farben untergeht", heißt es in dem Aufruf "Pyrotechnik legalisieren - Emotionen respektieren", den über 50 Ultra-Gruppen unterschrieben haben. Auch deutsche TV-Zuschauer und -kommentatoren feierten die Leuchtfeuer in den italienischen Stadien der 80er Jahre. "Der Betze brennt", hieß es bewundernd, als man das Spektakel auch hier zu sehen bekam.
Die 50 Ultra-Gruppen haben nicht nur einen Aufruf unterschrieben. Sie setzten sich mit der Arbeitsebene von DFB und DFL an einen Tisch und machten jede Menge Angebote. Sie versprachen das ausschließlich kontrollierte Abbrennen der bengalischen Feuer zu vorher angekündigten Zeiten. Sie wollten die Personen namentlich benennen, die geschult mit der Pyrotechnik hantieren und nur Material mit einem offiziellen deutschen Prüfsiegel benutzen. Und sie hielten sich an ein selbst auferlegtes Moratorium an den ersten fünf Bundesliga-Spieltagen.
Helmut Spahn hat sich das angehört. Selten gab es so viel Hoffnung aufseiten der Ultras, mit ihren Interessen ernst genommen zu werden, ohne Krawall machen zu müssen. Die hat die Führungsebene des deutschen Fußballs nun im Handstreich beendet. Künftig schickt der DFB nicht mehr seine Experten, sondern gleich die Polizei mit Pfefferspray in die Kurven. Nützen wird das nur denen, die sowieso den Krawall mehr lieben als die Farben.
Hört Euch mal diesen Kommentar an von der Begegnung Lautern-Barca 1991. Unterscheidet sich dann schon ziemlich von heute.