Beitrag
von Michi » 21. Nov 2003, 18:16
<b>Offensive Zielsetzung mit einer defensiveren Spieltaktik</b>
Von unserem Redaktionsmitglied
Harry Wagner
Fulda
„Nach drei Spielen mit Punktverlusten mussten wir sofort ein Signal setzen.“ So begründet Ross Shtyn, Sportdirektor des Fußball-Oberligisten Borussia Fulda, den Trainerwechsel. Der Verein hat Andrzej Rudy von seinen Aufgaben als Coach entbunden. Sein Nachfolger ist, wie unsere Zeitung bereits in ihrer gestrigen Ausgabe berichtete, Klaus Scheer. Der 53-Jährige frühere Bundesligaspieler hatte unter anderem den 1. FC Saarbrücken in der Zweiten Bundesliga betreut und leitete gestern sein erstes Training in der Johannisau. Scheer erhält einen Vertrag bis 30. Juni 2005.
Shtyn beteuerte im Rahmen einer Pressekonferenz, in der der neue Trainer vorgestellt wurde, dass ihm die Entscheidung nicht leicht gefallen sei: „Andrzej Rudy ist ein hervorragender Trainer, Fachmann und Mensch. Er hat hier eine Superarbeit geleistet. Aber unser Ziel ist ein bisschen in Gefahr geraten.“ Nun wolle man eben jenes Ziel, sprich den Aufstieg in die Regionalliga, mit einer anderen Spielweise erreichen. Wie Shtyn ausführte, habe er die Mannschaft vor Saisonbeginn gemäß seiner Philosophie zusammengestellt, demnach trage auch er Schuld an der Trennung von Rudy. „Andrzej repräsentiert den offensiven Fußball. Wir haben aber ein anderes Spielermaterial.“ Somit liegt auf der Hand, welche taktischen Veränderungen Scheer herbeiführen soll: Künftig wird wieder mehr Wert auf ein Spiel aus gesicherter Abwehr heraus gelegt. Scheer: „Borussia Fulda hat von den Spitzenmannschaften mit Abstand die meisten Gegentore kassiert. Das müssen wir ändern.“
Rudy, der laut Shtyn einen Vertrag bis zum 30. Juni 2004 besitzt, ist am späten Dienstagabend vom Entschluss des Sportdirektors informiert worden, wenige Stunden zuvor hatten auch die Spieler und der Vorstand des SC Borussia Kenntnis erhalten. Alle, so Shtyn, hätten die Entscheidung „mit Akzeptanz aufgenommen.“ Für den geschassten Coach sollen „alle Optionen offen bleiben.“ Shtyn könnte sich eine Tätigkeit Rudys etwa als Chefscout oder in Verbindung mit dem neu geschaffenen Fußball-Internat vorstellen. Eine ist allerdings sicher: Als Spieler wird er für Borussia nicht zur Verfügung stehen. Shtyn: „Dafür hat er den Kopf nicht frei.“ Was aus Henry Lesser wird, ist derzeit ebenfalls noch offen. Klaus Scheer wollte eine Zusammenarbeit mit dem amtierenden Co-Trainer nicht ausschließen, brachte jedoch auch seine Assistenztrainer aus Saarbrücken und Elversberg ins Spiel.
Shtyn machte unmissverständlich deutlich, dass für langfristig angelegte sportliche Konzepte momentan kein Platz bei Borussia ist: „Für Andrzejs Philosophie braucht es Zeit. Aber wir haben keine Zeit. Wir müssen aggressiv dafür kämpfen, den ersten Platz zu erreichen – zumal wir den besten Kader in der Oberliga haben.“
Derweil müssen sich die Spieler erneut an ein anderes Gesicht gewöhnen. Klaus Scheer ist für sie bereits der vierte Coach im Kalenderjahr 2003. Shtyn: „Sie werden damit umgehen können. Die Mannschaft weiß genau, dass alle unter Druck sind. Aber sie hat professionelle Qualitäten.“
Kommen nach einem neuen Coach auch weitere neue Spieler? „Wenn der Trainer sagt, dass er welche braucht, dann müssen wir reagieren“, gibt Shtyn zu Protokoll, „wir werden hundert Prozent für den Erfolg geben. Wenn es klappt, ist es gut, wenn nicht, werden wir den nächsten Versuch starten.“
Ein Beitrag aus der Fuldaer Zeitung
vom 20. November 2003