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Der KSV Hessen Kassel bedankt sich fĂŒr das Interesse und wĂŒnscht noch ein schönes Wochenende.

Mannschaft entlässt Freudenstein

TRAINERENTLASSUNG
Spieler sprechen sich gegen ihren Trainer aus.
Palastrevolution beim KSV Hessen Kassel: Der Fußball-Oberligist hat sich gestern völlig überraschend von Trainer Thomas Freudenstein getrennt. Grund: Weite Teile der Mannschaft haben sich vehement gegen ihren Coach ausgesprochen und die weitere Zusammenarbeit unmöglich gemacht. Selbst für die KSV-Verantwortlichen kam diese Entwicklung höchst unerwartet. "Ich war ziemlich geschockt", meinte der Klub-Vorsitzende Jens Rose. Vor der Entscheidung hatte es am Freitag zunächst eine Sitzung aller Spieler und später des Mannschaftsrates mit Freudenstein gegeben. Am Samstag saßen alle dann noch einmal mit dem Vorstand zusammen. Kapitän Thorsten Schönewolf berichtete dabei vom nahezu einstimmigen Votum gegen Freudenstein. "Da hat sich ganz klar die Frage gestellt: Trainer oder Mannschaft", meinte Rose, für den letztlich entscheidend war, dass die Deutlichkeit des Votums gezeigt hat, dass schon längere Zeit etwas nicht stimmte und es Probleme im zwischenmenschlichen Bereich gab. Nach so einer Aktion habe es keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit mehr geben können: "Wir wollten Thomas auch nicht demontieren lassen."
Schönewolf, zusammen mit Zoran Zeljko und Christoph Keim im Mannschaftsrat, begründete den Vorstoß: "Wir hatten nicht das Gefühl, dass der Trainer in der Lage ist, aus diesem Kader das volle Leistungspotenzial herauszuholen. Wir haben zuletzt keinen Spaß mehr am Fußball gehabt. Auch nach der Winterpause war die Euphorie schnell wieder weg. Da mussten wir etwas tun." Bei der Aussprache habe dann jeder Einzelne seine Meinung gesagt. Was Freudenstein konkret vorgeworfen wird, wollte Schönewolf aber nicht sagen: "Wir werden in der Öffentlichkeit keine dreckige Wäsche waschen."

Thomas Freudenstein selbst war von den Vorgängen überrascht und geschockt. "Ich kann gar nicht richtig beschreiben, wie ich mich fühle. Mir fehlen einfach die Worte", meinte der 41-Jährige, der im April letzten Jahres das Amt von Oliver Roggensack übernommen hatte. Zu den Differenzen mit der Mannschaft wollte sich der geschasste Trainer nicht äußern: "Ich bin KSVer. Ich werde jetzt nicht nachkarten." Nur soviel: "Es hat sich da etwas aufgestaut, dass auch von mir nicht bemerkt wurde."
Wer Freudensteins Nachfolger werden soll, ist noch nicht klar. Der Name des sportlichen Beraters Bernd Sturm, als langjähriger Trainer in Vellmar ein Kenner der Oberliga, drängt sich natürlich auf. Doch auch eine externe Lösung wird geprüft. Zudem soll wohl ein Spieler in die Arbeit eingebunden werden. Für Jens Rose nämlich ist klar, dass die Mannschaft nun gefordert ist: "Ich werde sie nicht aus der Verantwortung entlassen", sagt der KSV-Vorsitzende, der von der Entscheidung sichtlich mitgenommen ist: "Es tut mir unglaublich leid für Thomas. Er hat das Traineramt damals vor allem übernommen, weil er dem Verein helfen wollte." Freudensteins Hilfe ist nun nicht mehr gefragt. Gestern hat die Mannschaft erstmals ohne ihn gespielt. Beim Landesligisten Stadtallendorf. Sie hat 0:2 verloren.


<i>Von Frank Ziemke

HNA-Sportredaktion, 15.02.04 Foto: Thomas Freudenstein</i>



<span class='smallfett'>Zum Aufstieg verdammt</span>

<i>Frank Ziemke über die KSV-Trainerentlassung</i>

Es gibt Nachrichten, die lösen nur Ratlosigkeit und Kopfschütteln aus. Die Trennung von Trainer Thomas Freudenstein beim KSV Hessen ist zweifelslos eine solche Nachricht. Weil sie aus dem Nichts kommt. Restlos überraschend. Ohne jede Andeutung. Natürlich gibt es in jedem Team Unzufriedene. Spieler, die sich nicht beachtet fühlen. Die sich ungerecht behandelt glauben. Die mit dem Trainer nicht können. Das war beim KSV wie überall. Doch vom tiefen Graben, der sich nun aufgetan hat, war zuvor nichts zu sehen. Die Zusammenarbeit war schließlich erfolgreich. Trotz eines leicht verkorksten Saisonstarts sind noch alle Chancen da auf den Aufstieg. Und von Freudensteins Bilanz träumen die meisten Trainer: Ganze zwei Niederlagen in 31 Spielen. Angesichts solcher Zahlen ist fraglich, ob der Mannschaft wirklich bewusst ist, was sie da getan hat. Die Spieler haben das Heft des Handelns in die Hand genommen. Sie haben mit ihrem Votum dem Vorstand keine große Wahl gelassen. Deshalb haben sie jetzt die ganze Verantwortung. Und den Druck. Ob es ein Aufstand war, oder die Meinungsäußerung mündiger Spieler - die Mannschaft ist nun zum Aufstieg verdammt. Entschuldigung gibt es nicht mehr.

Veröffentlicht: 15.02.2004

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Datum des Ausdrucks: 25.04.2024