"Löwe" Chalaskiewicz wird 40 - vom Phantom zum Phänomen

SLAWOMIR CHALASKIEWICZ
"Chala, la, la, la - ist der Hit, den die Fans von Fußball-Oberligist KSV Hessen Kassel "alle Spiele wieder" trällern, wenn sie ihr Spielmacher Slawomir "Chala" Chalaskiewicz mit einem seiner wiederkehrenden Genie-Streiche mal wieder in Verzückung gebracht hat.
Ein lautstarkes "Happy Birthday" dürfte am Samstag im Auestadion beim Heimspiel gegen den FV Bad Vilbel (Anstoß: 14.30 Uhr) hinzukommen, wenn der gebürtige Pole sein 40. Wiegenfest feiert und die Vereins-Verantwortlichen den ältesten Akteur im hessischen Fußball-Oberhaus an diesem Tag mit dem Trikot Nr. 40 in eine weitere Etappe "Alter schützt vor Toren nicht" schicken. Vor Vorlagen auch nicht! In 19 Spielen im Löwen-Dress stehen 10 Tore und 18 Scorerpunkte für den zu Saisonbeginn vom Regionalligisten SV Babelsberg kommenden zweifachen polnischen Nationalspieler (2 Einsätze gegen den Iran) zu Buche - das setzt Maßstäbe in der FFH-Oberliga Hessen.

"Chala, la, la,la" - für die Fans ist der unermüdliche Impulsgeber im Löwen-Dress längst ein Hit und macht auch im biblischen Fußballalter die Musik bei den Löwen. Kein brüllender Löwe, eher ein stiller Denker und Lenker mit Taten statt Worten. Kein Leader-Typ wie sein zu Regionalligist St. Pauli zurückgekehrter Vorgänger Andreas Mayer, dessen Lücke Chalaskiewicz auf seine Art schließen konnte. Für den "Fußballer aus Leidenschaft", der selbst wenn sein Team - wie vor Wochen in Wörsdorf 4:0 führt - über seine 15 Minuten vor Schluß spielirrellevante Auswechslung einen "dicken Hals" bekommt, gab es beruflich nur Fußball im Leben und so liebäugelt er später mit einem Trainer-Job. Doch auch mit 40 ist vorerst "noch lang noch nicht Schluß" - eine Bindung als Aktiver beim KSV Hessen laut Slawomir (und dem Verein!) über diese Saison hinaus durchaus denkbar!

In Fußball-Deutschland bekannt wurde der quirlige Mittelfeldspieler als "Mann mit der Maske", spielte er doch 1996 als erster Bundesliga-Profi trotz Nasenbeinbruch gegen Eintracht Frankfurt mit einer Gesichtsmaske. "Das erregte soviel Aufsehen, dass zehn Minuten lang vor dem Spiel ein Blitzlichtgewitter auf mich einprasselte, ehe mich ein Journalist fragte, wer sind sie eigentlich?", erinnert sich der Heavy Metal-Fan kopfschüttelnd an sein verrücktestes Fußball-Erlebnis als "Phantom". 51 Bundesliga-Spiele bestritt der Zopfträger (weiteres Markenzeichen) für Hansa Rostock unter seinem "Entdecker" Erich Rutemöller (holte den damals 28jährigen aus seiner Heimat Lodz an die Ostsee) sowie den Trainern Frank Pagelsdorf und Ewald Lienen, wobei er ein Tor erzielte. Geschehen beim 3:2-Erfolg über Borussia Dortmund gegen Keeper Stefan Klos (jetzt Glasgow Rangers).

Neben den 40 Lenzen erlebt der Kasseler Publikumsliebling mit der Nr. 26 (wie in Babelsberg) beim KSV Hessen nicht nur seinen dritten deutschen Verein, sondern auch Frühling und gilt mit seinem Aktionsradius und Laufvermögen als physisches Phänomen. "Ich hatte nie größere Verletzungen und halte mich bewußt fit", erklärt der Kicker-Methusalem, der mit dem Oberliga-Dritten (drei Zähler hinter Liga-Primus Darmstadt 98) den Aufstieg in die Regionalliga will und im Team seines gerade mal zwei Jahre älteren Trainer Thomas Freudenstein voll anerkannt und äußerst beliebt ist. Keine Allüren beim Ex-Profi, doch jede Menge Heimweh und ein hoher Preis im für ihn "Wanderzirkus Fußball", denn seine Ehefrau und sein Nachwuchs (17 + 12 Jahre) leben in Lodz.

Bei der Liga-Konkurrenz und auch Kritikern genießt der "Leisetreter unter den Balltretern" inzwischen gehörigen Respekt. "Natürlich war es mutig einen derart alten Spieler zu verpflichten und wir erhielten damals jede Menge Skepsis,"sehen sich die KSV-Verantwortlichen, allen voran Team-Manager Jörg Schmidt inzwischen jedoch bestätigt und dürften sich über den gelungenen Transfer vor Freude "auf die Schenkel klopfen". Vor allem bei Chala-Gala-Auftritten wie in einer Szene vor zwei Wochen beim 4:0-Derby-Sieg in Baunatal, als der Hobby-Motorradfahrer kurz vor Spielende den Turbo einschaltete, ab der Mittellinie einem 20 Jahre jüngeren Gegenspieler auf und davon lief, um dann abgeklärt mit einem Lupfer Marke "Tor des Monats" zu vollenden.
Da Capo, Chala am Samstag und die Fans werden unaufgefordert skandieren "Chala, la, la, la"...



<i>Herbert Pumann, Kassel</i>

Veröffentlicht: 29.11.2003

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