"Jeder kann stolz auf seinen KSV Hessen Kassel sein!"

Interview mit Jens Rose
Von der Kreisliga in die 3. Bundesliga - Neun Jahre lang ging es fĂŒr den KSV Hessen Kassel nur nach oben. Zentrale Figur ist hierbei Jens Rose, 1. Vorsitzender des Vereins. In der nĂ€chsten Saison soll nun das MeisterstĂŒck mit der Qualifikation fĂŒr die eingleisige 3. Liga folgen. Ein RĂŒck- und Ausblick in die wohl spannendste Spielzeit der jĂŒngeren Vereinsgeschichte.

Das große Ziel Klassenerhalt ist erreicht. Wie erleichtert bist Du?

Es war unser großes Ziel und mir fallen tausend Steine vom Herzen. Die ganzen Experten haben uns vorher gesagt: „das was ihr da macht, funktioniert nicht. Das geht voll nach hinten los“. Wir können alle behaupten, dass wir Amateure sind und vielleicht nicht den tausendprozentigen Durchblick haben, aber es mit Herz und Seele machen und immer daran geglaubt haben, dass wir unser großes Ziel schaffen können. Trotzdem verlieren wir nie die Bodenhaftung und wissen, wie schnell es gehen kann und man wieder weg ist und nicht mehr mitmachen darf im großen Konzert.

Ist es für Dich unwirklich, dass der KSV seinen vor drei Jahren noch übermächtigen Konkurrenten SV Darmstadt jetzt überholt hat?

Das zeigt die ganze Entwicklung des Vereins. Wenn man zurück guckt, kann man sich kaum vorstellen, dass vieles in dieser kurzen Zeit bei uns passiert ist, außer man hätte Millionen in die Hand genommen. Wir haben uns den Erfolg aber nicht erkauft, sondern alle Mann erarbeitet und das macht den Erfolg für mich noch wertvoller. Bei uns in der Mannschaft stehen zum Beispiel mit Thorsten Bauer und Thorsten Schönewolf zwei Spieler über Jahre treu mit Herz und Seele für kleines Geld zum Verein und sind in der Regionalliga noch mit die einzigen, die neben ihrer Arbeit so hochklassig Fußball spielen. Davor habe ich großen Respekt und das muss man anerkennen.

Viele Ex-Profis waren im Gespräch, um nach der Spielerkarriere ins Management des KSV zu wechseln. Jetzt hat es Marc Arnold geschafft. Welche Erwartungen hast Du an ihn?

Er soll uns entlasten. Viele Sachen werden momentan komplett ehrenamtlich gemacht, die andere Vereine im bezahlten Management machen. Wir wissen jetzt, dass wir den Klassenerhalt geschafft haben und somit die Fernsehgelder für die nächste Saison sicher haben und wollen dann auch in die Struktur investieren. Wir sind davon überzeugt, dass es den Verein weiter nach vorne bringt. Wenn man das alles nach der Arbeit und vorm ins Bett gehen macht, ist man nicht so effektiv, wie jemand, der sich den ganzen Tag darum kümmert. Marc Arnold arbeitet sehr strukturiert und ist sehr ehrgeizig. Das hat er auf dem Platz gezeigt und das zeigt er jetzt schon in seinem neuen Job.

Julio Cesar muss den KSV nach fünfeinhalb Jahren verlassen. Wie emotional denkst Du an seine Verabschiedung?

Ohne Julio wären wir nicht in die Oberliga aufgestiegen und wären ohne ihn auch nicht in die Regionalliga aufgestiegen. Wir verdanken ihm unheimlich viel und er ist der dienstälteste Spieler beim KSV. Gegen 1860 wird er mit Sicherheit von Anfang an spielen und mir werden natürlich viele schöne Erinnerungen durch den Kopf gehen und viele Spiele, in denen er die Menschen in Kassel begeistert hat, deswegen hat er hier so eine große Anhängerschaft. Man muss jetzt aber auch akzeptieren, dass der Trainer sagt, dass es bei Julio für die Regionalliga nicht mehr reichen wird. Der Trainer muss sehen, dass er die sportlichen Ziele mit der Mannschaft erreicht und muss dabei auch die Lufthoheit haben. Das akzeptieren wir, aber deshalb fällt der Abschied natürlich doppelt so schwer.

Es sind in dieser Saison mit 5.000 Zuschauern im Schnitt doppelt so viele Zuschauer gekommen, wie vorher einkalkuliert. Mit wie vielen Zuschauern rechnet ihr nächste Saison?

Wir werden jetzt nicht auf 5.000 gehen, sondern auf einen Schnitt von 3.200 Zuschauern. Wir hoffen, dass wir im Pokal mal etwas weiter kommen und darüber ein paar Euro mehr in die Kasse kommen und dass die Liga in der nächsten Saison dadurch attraktiver wird, dass man als Zehnter aufsteigen kann. Interessanter kann die Liga für den Zuschauer nicht sein, wenn man als 15. nach zwei Spieltagen wieder 10. ist oder als 4. nach zwei Spieltagen wieder 12. Mit Regensburg kommt wieder ein Traditionsverein in die Liga und ich hoffe, dass es noch der SSV Ulm schafft. Ein Derbyverlust gegen Darmstadt würde dagegen wirklich schwer wiegen. Wir haben zwar sechs Punkte gegen die Darmstädter verloren, aber Traditionsvereine sind das, was den Fußball ausmacht und die gehören alle irgendwo zusammen.

Wie groß wird der Etat für die Saison 2007/08 sein?

Meine Wunschvorstellung war in der letzten Jahreshauptversammlung ein Etat von drei Millionen, aber bei dem Sponsoring was wir im Moment fest haben, halte ich das Ziel für nicht erreichbar. Wir verhandeln noch mit anderen und ich hoffe, dass wir noch etwas zusammen bekommen. Im Moment wird sich der Etat aber wohl um zwei Millionen bewegen und wir müssen schauen, wenn sich wirklich noch was Tolles in der Saison ergibt, dass wir im Winter die Mannschaft verstärken. Das haben wir in dieser Saison auch gemacht und dann kostet der Spieler nur ein halbes Jahr lang Geld. So ist die Realität in unserer Region.

Der KSV hat einen Vermarktungsvertrag mit der EFM Facility Management AG abgeschlossen. Was wird sich dadurch verändern?

EFM sprechen Firmen an, die wir bisher noch nicht angesprochen haben. Wir arbeiten mit den Huskys, den Handballern aus Melsungen und den Basketballern aus Göttingen zusammen, denn das sind immer Sachen, die sich gegenseitig befruchten. Die Kraft von allen Vereinen ist der Sport und wenn wir alle in eine Richtung ziehen, dann wird der Sport stärker. Die Energie verpufft nicht, in dem man versucht sich gegenseitig aufzureiben.

Was hat sich beim Thema Mitglieder getan?

Die Mitgliedszahlen haben sich erhöht, aber leider nicht so, dass man vor lauter Jubel ausbrechen könnte. Ich weiß, dass eine Mitgliedschaft beim KSV im Vergleich zu einem Bundesligisten teurer ist, ich muss aber auch ehrlich sagen, dass wir nicht die Fernsehgelder haben, wie ein Bundesligist. Wir leben von den Leuten, die zu uns kommen. Bei uns zählt jeder Zuschauer und jeder Einzelne ist wichtig, ob er vollen oder ermäßigten Eintritt bezahlt, damit wir weiter nach vorne kommen.

Wie ist der Stand beim Thema Stadionausbau und Flutlicht?

Die Festlegungen mit der Stadt Kassel sind so, dass wir zur Rückserie der nächsten Saison beide Kurven fertig haben und vielleicht noch mit vier Wochen Verzug auch Flutlicht haben. So könnten wir dann in der Rückrunde Flutlichtspiele im Auestadion austragen. Wir werden mit der Deutschen Fußball Liga und dem DFB sprechen, dass die Hammerspiele im Auestadion in der Rückrunde stattfinden. Denn wenn in Kassel das erste Mal das Licht brennt, wollen wir auch, dass es jeder sieht. Dann sollen die 20.000 auch da sein! (schmunzelt)

Nach einem ExtraTip-Bericht vom 23.05.2007 soll MEG-Vorstandsvorsitzender Mehmet Göker Interesse am KSV-Präsidentenamt bekundet haben, was Mehmet Göker aber sofort offiziell dementiert hat. Musst Du Dich bei der nächsten Wahl auf Konkurrenz einstellen?

Die Diskussion zu dem Punkt bringt uns nicht weiter, weil das jetzt völlig unwichtig ist. Es geht um unsere sportlichen Ziele und da arbeiten alle dran und es geht nicht darum, wer nächstes Frühjahr zum neuen Vorsitzenden gewählt wird. Wenn die Presse das Thema aufgreift, dann wird es natürlich ein Thema und wenn sich dann jemand äußert und sagt: „wenn der KSV mich fragen würde, würde ich es machen", dann ist es legitim. Es ist bald Sommerpause und die Presse muss was zu schreiben haben und dann macht man halt ein Thema daraus. Für uns ist es jetzt gar kein Thema, weil es erst im nächsten Jahr im März oder April stattfindet und da werden wir unsere Vorstellungen entwickeln. Es wird auf keinen Fall irgendwas passieren, wo der Verein in ein tiefes Loch fällt, sondern wir werden eine vernünftige Personalentwicklung präsentieren, mit der die Mitglieder zufrieden sein werden.

Der KSV ist 1998 mit einem schlechten Image in der Kreisliga neu gestartet. Wie schätzt Du das Image des Vereins heute ein?

Ich denke, dass wir von den Sportvereinen hier das beste Image haben. Man konnte 1998 nicht viel verlieren, weil man nicht ein viel schlechteres Image haben konnte. Wir haben das wirklich vernünftig und ordentlich gemacht und da haben alle mitgeholfen und jeder der ins Stadion geht kann sich selber auf die Schulter klopfen, weil er mit seiner Unterstützung, seinem Eintritt und seiner Anfeuerung mitgeholfen hat. Diejenigen, die sich das in zehn Jahren angucken und sich dann überlegen, wie das passiert ist und was alles passiert ist, die werden diese Wertschätzung nie verlieren. Wir feiern nächstes Frühjahr am 3. Februar Zehnjähriges und das wird ein schönes, großes Fest werden. Bei uns braucht keiner mehr mit dem Kopf unter dem Arm durch die Gegend laufen, sondern jeder kann stolz auf seinen KSV Hessen Kassel sein!

Das Interview führte Tim Siebrecht (25.05.2007)

www.ksvhessenkassel.de

Veröffentlicht: 02.06.2007

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Datum des Ausdrucks: 24.04.2024