Väterlicher Freund für Frustrierte

EHEMALIGER KLUBWIRT GESTORBEN
Henner Thomas, ehemaliger Klubwirt des KSV Hessen, starb 81-jährig.
Er war Anlaufstation für Trübsalblaser, hatte ein offenes Ohr für alle, die ihren Frust nach einem verlorenen Spiel abladen wollten - und er gab sich für manchen jungen Spund als väterlicher Freund. Henner Thomas, eine Institution in Kassel, und hier besonders beim KSV Hessen, ist tot.

Der jahrelange Klubwirt der Löwen, der noch in der vergangenen Woche mit seinen alten Fußball-Kumpanen in gemütlicher Runde zusammensaß, ist am Sonntag 81-jährig gestorben. Bei Henner Thomas, der von 1958 bis 1987 hinter der Theke des Klubhauses an der Damaschkestraße stand, traf sich nicht nur die große KSV-Familie, auch Sportler aus aller Welt gastierten hier nach ihren Auftritten in Kassel und ließen sich von Henner verköstigen. Die Weltklasse-Eiskunstläufer Ludmilla Belousova und Oleg Protopopow schauten ebenso zu einem Glas Cola oder Bier herein wie Ex-Zehnkampf-Weltrekordler Kurt Bendlin und die 54er- Fußball-Weltmeister Toni Turek und Max Morlock. Selbst der spätere Bundeskanzler Helmut Kohl stärkte sich nach einer Kundgebung in der Kasseler Stadthalle (wo er im Oktober 1974 als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz eine Rede hielt) bei Henner und schmiss sogar zu vorgerückter Zeit eine Cola-Runde für den ganzen Saal.

"Henner Thomas war die gute Seele im Verein", blickt Holger Brück, langjähriger Ligaspieler des KSV und heute Mitglied des Aufsichtsrats, zurück. "Eine Wirtsfamilie, wie sie Henner und seine Frau repräsentierten, fehlt heute leider im Umfeld des Auestadions", bedauert Brück. Noch besser kennt ihn Werner Weigel, Ende der 60er- Jahre Linksaußen des KSV Hessen. Der heute 64-Jährige wohnte 23 Jahre lang in einem Lohfeldener Zweifamilien-Haus mit Henner Thomas unter einem Dach. "Ein überaus sympathischer Nachbar", erinnert sich Weigel, der vor seinem Wechsel nach Kassel auch. in Gladbach mit Heynckes, und Netzer auf Torejagd ging. Einer, der ganz große Stücke auf Henner Thomas hielt, ist Rolf Fritzsche. Der ehemalige DDR-Auswahlspieler, der 1963 vom Hamburger SV zum KSV Hessen kam, machte schon bei seinem ersten Besuch in Kassel Bekanntschaft mit dem KSV-Wirt: "Henner Thomas war als Mensch ein Vorbild, korrekt in jeder Beziehung - und großzügig. Ich weiß noch heute, wie Henner einmal aus eigener Tasche uns Spielern das Monatsgehalt ausbezahlte, weil der Verein finanziell gerade klamm war." "Als Wirt war Henner Thomas der beste, den der KSV je hatte, schwärmt Gerd Grau", einst Flügelflitzer im Löwen-Trikot und heute selbst hinter einer Theke in der Kasseler Innenstadt.


<i>Von Günter Grabs

(HNA-Redaktion, 22.10.2003)</i>

(Foto: Henner Thomas (links) mit Freunden)

Veröffentlicht: 22.10.2003

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Datum des Ausdrucks: 23.04.2024