"Ich weiß, was ich an Kassel habe"

Interview Thorsten Bauer
Thorsten Bauer, StĂŒrmer des Fußball-Regionalligisten KSV Hessen Kassel, spricht im Interview ĂŒber seine Ziele.
Er schoss das Tor im entscheidenden Oberligaspiel gegen den FSV Frankfurt, das den Aufstieg in die Regionalliga bedeutete. Dort schoss er gegen Wehen ein Tor, das so schön war, um in die Auswahl Tor der Woche zu kommen. Aber damit nicht genug: Jetzt führt er nach 23 Spieltagen die Torschützenliste der Regionalliga Süd an: Mit zwölf Treffern ist er genauso erfolgreich wie die Saarbrücker Jonathan Jäger und Mahir Saglik sowie der Elversberger Vitus Nagorny. Im Interview erzählt der 29-Jährige, was ihm das bedeutet.

Thorsten Bauer, haben Sie die Torschützenliste der Regionalliga schon ausgeschnitten und eingerahmt?

Bauer: Ich schaue natürlich gerne darauf und bin stolz, dass mein Name oben dabei steht. Aber was zählt, ist der Mannschaftserfolg. Dass ich jetzt Erster statt 15. in der Torschützenliste bin, bringt mir nichts, wenn wir absteigen.

Wissen Sie eigentlich immer, auf welchem Platz Sie in dieser Liste stehen?

Bauer: Am Wochenende wusste ich es. Einige haben mich ja auch darauf angesprochen. Aber ansonsten gucke ich nicht so darauf.

Also verfolgen Sie kein Ziel, das heißt: Torschützenkönig zu werden?

Bauer: Wenn ich am 30. Spieltag immer noch mit vorn dabei bin und wir mit dem Abstieg nichts mehr zu tun haben, kann ich mir darüber immer noch Gedanken machen. Vorher zählt nur das Team.

Und ab dem 30. Spieltag dürfen Sie dann auch die Elfmeter schießen?

Bauer: Das müsste ich dann mit Marc Arnold verhandeln, unserem etatmäßigen Schützen. Ich weiß nicht, was er dafür haben will.

Es ist aber nicht so, dass Sie noch keine Elfmeter geschossen hätten.

Bauer: Ich habe bei Olympia Kassel immer die Elfmeter geschossen, dann auch beim KSV Baunatal. Und für den KSV Hessen habe ich auch schon ein paar verwandelt. Aber wir haben derzeit mit Marc Arnold einen sicheren Schützen.

Haben Sie eigentlich den Kicker abonniert?

Bauer: Früher schon. Aber der kommt immer mit der Post. Und da ich schon um 7 Uhr zur Arbeit muss, habe ich ihn erst abends lesen können. Jetzt kaufe ich ihn mir morgens, wenn ich Frühstück hole. Dann kann ich schon früher darin blättern.

Von vorne nach hinten?

Bauer: Wenn ich Zeit habe: ja.

Und wenn nicht?

Bauer: Dann schaue ich mir die zwei Regionalligaseiten an. Das sind die beiden Ligen, die mich am meisten interessieren.

Und da schauen Sie gar nicht auf die Torschützenliste?

Bauer: Zuerst gucke ich auf die Tabelle. Und dann hin und wieder auf die Torjägerliste.

Und da steht jetzt Bauer ganz oben - mit drei anderen. Kennen Sie Ihre Konkurrenten?

Bauer: Nagorny ist der einzige, bei dem ich ein Bild vor Augen habe. Das ist ein sehr kopfballstarker Spieler. Ansonsten konzentriere ich mich eher auf unser Team.

Mit Platz eins in der Torschützenliste machen Sie sich interessant für andere Vereine, womöglich auch für höherklassige.

Bauer: Sicher, es wird das ein oder andere spekuliert. Aber es liegt mir kein Angebot vor. Und solange es nichts Konkretes gibt, verschwende ich keinen Gedanken an andere Vereine.

Überhaupt keinen?

Bauer: Klar wäre es schön, wenn das ein oder andere Angebot käme. So etwas steigert das Selbstbewusstsein.

Mal angenommen, es käme jetzt ein Zweitligist auf Sie zu: Würden Sie dann über einen Wechsel nachdenken?

Bauer: Ich mache mir darüber keine Gedanken. Ich weiß, was ich an Kassel habe. Ich habe ein gutes Standing im Verein, in der Mannschaft und bei den Fans. Meine Freundin wohnt hier, meine Familie, meine Freunde. Und ich arbeite hier.

Sie sind 29. Wenn Sie noch einmal bei einem höherklassigen Verein spielen wollten, dann müssten Sie wohl jetzt wechseln. Spielt das auch eine Rolle bei Ihren Gedanken?

Bauer: Sicherlich reizt es mich, womöglich noch einmal in der zweiten Liga zu spielen. Und mit 29 bekommt man nicht mehr viele Chancen. Als Kind habe ich immer davon geträumt, möglichst weit oben zu spielen. Und wenn ich ein Angebot bekäme, wäre natürlich auch Interesse da. Aber ich sage auch: Mein Herzblut hängt am KSV. Ich müsste mir das dann zusammen mit meiner Freundin sehr gut überlegen.

Schließlich sind Sie hier Fußballgott. Ist das eigentlcih angenehm, so bezeichnet zu werden?

Bauer: Gegenfrage: Kann so etwas unangenehm sein?

Vielleicht belastend.

Bauer: Nein. Ich werde ja nicht deshalb so genannt, weil ich spektakulären Fußball spiele, sondern weil ich mir alles erarbeitet habe, weil die Leute merken, dass ich alles gebe. Außerdem gibt es ja inzwischen schon richtig viele Fußballgötter. Und das sind nie die größten Fußballer gewesen.

Nicht nur bei Ihnen läuft es derzeit sehr gut, sondern in der gesamten Mannschaft. Kein Team außer dem KSV hat nach der Winterpause in drei Spielen neun Punkte geholt. Überrascht Sie die Entwicklung?

Bauer: Wir haben in der Vorbereitung gut gearbeitet. Dass es aber so perfekt laufen würde, war nicht zu erwarten.

Warum läuft es so perfekt?

Bauer: Wir sind jetzt schwerer auszurechnen, weil wir auf beiden Seiten gut besetzt sind und über sie Druck machen können. Vor der Winterpause haben wir mit einer Spitze gespielt, Marc Arnold dahinter - und die meisten Angriffe liefen über rechts.

Und mit der neuen Ausgeglichenheit schlägt der KSV am Wochenende auch den VfB Stuttgart?

Bauer: Das Potenzial dazu haben wir.

 

Von Florian Hagemann 
Donnerstag, 15. März 2007

 


Veröffentlicht: 15.03.2007

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Datum des Ausdrucks: 23.04.2024