Und die Oma jubelt mit

TOBIAS OLIEV
Wie es ist, sein erstes Tor in der Regionalliga zu schießen - die Geschichte des Tobias O.
Tobias Oliev hat schon viele Tore in seinem Leben geschossen. Allein in der vergangenen Saison schaffte es der 21-Jährige zum Torschützenkönig in der Fußball-Bezirksoberliga: 27-mal traf er für den SSV Sand. Doch ein Tor in der Regionalliga - das war ihm noch nicht gelungen.

Oliev wechselte vor der Saison zum Drittliga-Aufsteiger KSV Hessen Kassel. Er gilt als großes Talent. In den ersten Spielen saß er meist nur auf der Bank, kam - wenn überhaupt - zu Kurzeinsätzen. Er setzte keine Akzente. Gegen Pfullendorf, es war das Heimspiel vor zweieinhalb Wochen, verbannte ihn Trainer Matthias Hamann auf die Tribüne. Ohne Begründung. Im Training danach gab Tobias Oliev noch ein bisschen mehr Gas, wie er es ausdrückt. Er kehrte zurück auf die Bank.

Dann, in der 30. Minute der KSV-Partie in Saarbrücken, Samstag, 14. Oktober, verletzt sich Mike Arnold. „Tobi, mach’ Dich fertig“, ruft Hamann in Richtung Bank. Tobias Oliev soll den Spielmacher ersetzen. Der Ruf des Trainers überrascht den 21-Jährigen - auch wenn er in der zweiten Mannschaft des KSV zuletzt zentral im Mittelfeld gespielt hat. Er ist Stürmer und eigentlich kein Spielmacher.

Doch er fügt sich in seine neue Rolle. Er überzeugt. Und schießt sein erstes Tor in der Regionalliga. Er hat die Szene gespeichert: „Es kam halt ein langer Ball vom Christoph. Ich habe gespürt, dass er zu mir kommt. Ich bin reingegrätscht. Dann war der Ball drin. Die Leute haben gejubelt. Ich habe mich noch mal vergewissert, ob der Ball wirklich drin war.“ Tobias Oliev läuft zu den Fans. Es ist ein Unterschied, ob man in Sand ein Tor schießt oder in Saarbrücken. Alle feiern das 2:2.

<b>Spannung vor dem Videotext</b>

In Schauenburg sitzen Tante Petra und Oma Erika vor dem Videotext. Sie machen das oft, wenn Tobias spielt. Dann starren sie auf den Bildschirm und warten, bis sich etwas verändert. Irgendwann erscheint der Name Oliev unter den Torschützen. Oma Erika ruft gleich bei Dennis an, dem jüngeren Bruder des Torschützen. Dennis verrät Tobias später, dass Oma Erika Freudentränen vergossen hätte. Und dann soll sie noch gefragt haben, wann das Spiel endlich vorbei sei. Die Sache ist klar beim Videotext: Wenn das Ergebnis in weißer Schrift leuchtet, ist Feierabend. Jetzt weiß es auch Oma Erika. Der Bruder sagt den Eltern Bescheid, die im Urlaub sind - und so verbreitet sich die frohe Kunde.

Auf der Heimfahrt von Saarbrücken erhält Tobias Oliev die ersten Anrufe und die ersten SMS. Die meisten kommen von ehemaligen Teamkollegen des SSV Sand. Seit der Zeit bei den Bambini hat Tobias Oliev dort gespielt. Er wohnt noch in Sand - 3744 Einwohner, Gemeinde Bad Emstal. Er fühlt sich wohl dort. Er ist Nordhesse.

Wenn er jetzt ein Geschäft in Sand betritt, sprechen ihn die Leute an - auf sein erstes Tor beim KSV. Er ist nun einer der bekanntesten Sander, seit es Sand gibt.

Tobias Oliev hofft jetzt auf weitere Einsätze. Die nächste Gelegenheit bietet sich ihm am Samstag gegen Siegen. Dann sitzt Oma Erika nicht vor dem Videotext. Sie wird im Auestadion sein.


<i>Von Florian Hagemann
HNA-Sportredaktion

Dienstag, 17. Oktober 2006</i>

Veröffentlicht: 17.10.2006

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Datum des Ausdrucks: 24.04.2024