Breitenreiter fällt das Lachen schwer
DEUTLICHE LEISTUNGSSTEIGERUNG Die Löwen sind befreit vom Druck und versöhnen ihre Fans. Gewinnen ihre Spiele, schießen jede Menge Tore. Auch beim 5:1 gegen den SV Bernbach, das überall zufriedene Gesichter hinterließ. Überall? Nicht ganz. Andre Breitenreiter fällt das Lachen immer noch schwer. Obwohl er schon in der vierten Minute seinen vierten Treffer für die Löwen erzielte. Obwohl er im offensiven Mittelfeld eine deutliche Leistungssteigerung zeigte. Doch der Blick zurück sorgt beim Ex-Profi weiterhin für Verdruss. "Der Unmut hat sich sehr extrem gegen mich gerichtet", sagt er, und beklagt: "überall wurde schlecht über mich gesprochen. Nur mit mir selbst hat niemand geredet. Dabei kann man doch mit mir reden." Breitenreiter will seine Leistung in der Phase, als der KSV den Titel verspielte, nicht schönreden. "Natürlich war ich damit nicht zufrieden", sagt er. Aber warum blieb der 29-Jährige derart hinter den Erwartungen zurück? Erklärungsversuche: "Es stimmte in der ganzen Mannschaft nicht. Auch Giovane Elber hätte da nicht Tor um Tor geschossen." Und: "Ich bin nun mal kein Spielertyp wie Cesar, der drei Gegner ausspielt. Ich brauche Flanken, dann mache ich auch meine Tore." So halt wie gegen Bernbach, als Breitenreiter den langen Ball von Ahmet Kayacik souverän in die Maschen drückte. Der Blick nach vorn kann Breitenreiters Laune deshalb aber nicht wirklich heben. "Der KSV hat Perspektiven. Ich könnte mir auch vorstellen, hier weiterzumachen", sagt er. Doch es wird deutlich, dass er selbst nicht recht an eine Zukunft in Kassel glaubt. Der Vertrag des im Winter verpflichteten Stürmers läuft zwar bis 2004, doch beide Seiten haben die Option eingebaut, nach dieser Saison einen Schlussstrich zu ziehen. Und natürlich passt Breitenreiter kaum ins Konzept der Hessen, die in der kommenden Saison verstärkt auf Spieler aus der Region setzen wollen. So wird er sich wohl auf die Suche machen müssen nach einem neuen Klub.Ein Schicksal, dass auch Ahmet Kayacik ereilen könnte. "Bisher hat noch niemand mit mir gesprochen", sagt der Mittelfeldspieler. Das könnte sich allerdings ändern, nachdem Kayacik in den letzten Wochen mit guten Leistungen aufhorchen ließ. "Ich habe immer an meine Chance geglaubt", sagt er, und stellt auch klar, wo er seine Zukunft sieht: "Ich würde gerne weiter für die Löwen spielen."
<i>Von Frank Ziemke
(HNA-Sportredaktion, 05.05.03)</i>
<span class='smallfett'>Cesar hat seine Lektion gelernt </span>
<i>KSV Hessen Bernbach 5:1. Brasilianer überragender Spieler bei den Gastgebern.</i>
Julio Cesar ist ein sehr guter Fußballspieler. Kein Zweifel. Ein ganz wichtiger für den KSV Hessen Kassel. Und doch: Kritik gibt es immer wieder am Brasilianer. Weil er häufig zu eigensinnig spielt, seine Nebenleute übersieht. Beim 5:1-Sieg der Löwen gegen den SV Bernbach aber zeigte Cesar, dass er seine Lektion gelernt hat. Der kleine Stürmer war bester Mann auf dem Platz und bereitete zwei Tore sehenswert vor. "Natürlich haben wir über seine Dribblings an der Mittellinie gesprochen. Und im Training gezielt daran gearbeitet, dass er den Kopf oben behält", sagt Trainer Thomas Freudenstein. Das hat gefruchtet. Vor allem die Vorarbeit zu Nico Steffens 3:0 (28.) begeisterte die 2100 Zuschauer im Auestadion. Mit einer feinen Körperdrehung hatte Cesar einen Gegenspieler aussteigen lassen, war dann in typischer Manier am linken Flügel davongezogen und hatte den Torschützen mustergültig freigespielt. Das war schon nach einer halben Stunde die Entscheidung zu Gunsten eines entfesselt spielenden KSV, der die Gäste in der ersten Halbzeit förmlich an die Wand spielte.
Mit Andreas Mayer als Libero für den verletzten Thorsten Schönewolf sowie Ahmet Kayacik und Andre Breitenreiter im offensiven Mittelfeld übten die Löwen ununterbrochen Druck auf Bernbach aus. Und wurden früh belohnt: schon nach vier Minuten drückte Breitenreiter am hinteren Pfosten Kayaciks Flanke in die Maschen. Thorsten Bauer erhöhte in der 12. Minute per Kopfball auf 2:0. Vorbereiter mit einer präzisen Flanke: Julio Cesar! Die Gäste konnten sich bei ihrem Torhüter Thorsten Rohrbach bedanken, dass sie nicht noch deutlicher unter die Räder kamen. Vor allem dessen Parade bei Mayers Freistoß (3.) war sehenswert. Bei einem umstrittenen Elfmeter - Radler soll Agiralioglu von den Beinen geholt haben - kam Bernbach sogar auf 1:3 heran (41.). Doch Schiedsrichter Weix übte sich schon kurz darauf in Konzession, als auch die Hessen ihren Elfer bekamen. Mehr gesunken als gefallen: Julio Cesar! Mayer verwandelte und krönte so die tolle erste Halbzeit. "Die frühen Tore machen uns wieder stark", freute sich der erneut gut spielende Ahmet Kayacik.
Im zweiten Durchgang schalteten die Gastgeber natürlich einen Gang zurück. Chancen gab es trotzdem noch - so Krauses Pfostenkopfball (62.). Und auch ein Tor: Als Nico Radler umgerissen wurde, pfiff Weix erneut Elfmeter. Diesmal ließ Kapitän Mayer einem anderen den Vortritt. Julio Cesar durfte seine Leistung mit dem Treffer zum 5:1 (84.) krönen. Und bekam ein Sonderlob des Trainer: "Er war", so Thomas Freudenstein, "der überragende Mann auf dem Platz."
<i>Von Frank Ziemke
(HNA-Sportredaktion, 04.05.03)</i>
SPIELER DES TAGES
<span class='smallfett'>Julio Cesar</span>
Sie wissen schon, was sie an ihm haben. Und deshalb wollen sie ihn auch gerne behalten: Julio Cesar soll auch in der kommenden Saison für Hessen Kassel stürmen. An eine Vertragsverlängerung knüpfen sich allerdings auch Bedingungen: Der Brasilianer soll Deutsch lernen, um im Team nicht so isoliert zu sein. Und er soll weniger eigensinnig spielen. Beim Spiel gegen Bernbach hat Cesar zumindest in Punkt zwei einen wichtigen Schritt gemacht. Bei den Toren von Bauer und Steffen leistete er jeweils sehenswerte Vorarbeit. Gute Argumente für Cesar - auch bei diversen Probetrainings, die er in den kommenden Wochen absolvieren wird. Den eines ist auch klar: Den Brasilianer zieht es weiter in den Profi-Fußball.
<i>(FRZ, HNA-Sportredaktion, 05.05.03)</i>
Veröffentlicht: 05.05.2003
