Einsichten mit düsteren Aussichten

KSV HESSEN - BAD VILBEL 0:0
Beim KSV Hessen wirken die Neuzugänge weiterhin wie Fremdkörper.
Es sollte ein Neuanfang werden, ein mit frischem Mut geplanter Sturm auf den Oberligagipfel. Doch alles endete - wieder einmal - im totalen spielerischen Chaos. 0:0 gegen Abstiegskandidat FV Bad Vilbel im Auestadion. Die Spieler des KSV Hessen haben die letzte schwache Glut eines Hoffnungsschimmers in der zweiten Spielhälfte auf stümperhafte Weise ausgetreten.
Was blieb, waren Ratlosigkeit, Depression und eine Menge Ärger. "Wir laufen mit dem Ball durchs Mittelfeld, verlieren ihn dort zu oft, und am Schluss wird sich auch noch versteckt", umschrieb der ratlos den Kopf schüttelnde Kapitän Andreas Mayer die mit Pfiffen und Buhrufen bedachte Löwen-Misere. "Es ist wie verrückt. Je länger das Spiel dauert, desto verkrampfter spielen wir", übte Marco Mason Selbstkritik. Klare Einsichten mit düsteren Aussichten. Titel weg, Spannung weg, Einnahmen weg. Diese sportliche Dreisatz-Rechnung ist so logisch wie brutal. Und sie kann die Saisonbilanz des KSV Hessen aus dem Gleichgewicht kippen. Der Vorstand sieht es mit Grausen. Mittlerweile werden dort sogar Zweifel an der Charakterstärke einzelner Spieler geäußert. Neu-Trainer Thomas Freudenstein und Berater Holger Brück hatten etwas Neues versucht. Mit Ex-Profi Breitenreiter im offensiven und Mason im defensiven Mittelfeld sollte gemeinsam mit Regisseur Mayer der zum Erfolg nötige Druck aufgebaut werden. Dazu mussten die Außen Steffen und Stock nur für Flanken sorgen, die das eingespielte Angriffsduo Cesar und Bauer in Tore umzumünzen hatte. Alles klar! Nur zwischen Theorie und Praxis klaffte wieder einmal eine riesengroße Lücke. Nach ansprechendem Beginn machten sich im Laufe der Partie wieder Hektik und Kopflosigkeit breit. "Wir haben zunehmend die Ordnung verloren", musste Coach Freudenstein erkennen. Zum allgemeinen Durcheinander trug auch noch die in der Vorserie so sattelfeste Abwehr mit zahlreichen Fehlabgaben, Querschlägern und Stellungsfehlern bei. Das hätten die Bad Vilbeler zum Siegtreffer nutzen können. Anstatt bei einem Neuanfang, scheint der KSV Hessen am Ende angekommen zu sein. Angelangt am Schluss seiner Titelhoffnungen und auch bei der bitteren Erkenntnis, mit den fünf Neuzugängen das spielerische Niveau auf keinen Fall angehoben zu haben.

Spieler wie die auch gegen Bad Vilbel enttäuschenden Breitenreiter, Dayangan, Stock oder Dietrich wirken immer noch wie Fremdkörper in einem KSV-Team, das keine Einheit mehr bildet. "Wir müssen uns wohl neue Ziele stecken", räumte Andreas Mayer ein. Das gilt nicht nur für die Spieler, sondern auch für den KSV-Vorstand. Zeichen, die eine Umkehr aus der personellen Sackgasse signalisieren, sind bereits zu erkennen. Der KSV Hessen will zukünftig voll auf die Jugend und die personellen Ressourcen der Region setzen.


<i>Von Rolf Wiesemann

(HNA-Sportredaktion, 14.04.03)</i>

Veröffentlicht: 14.04.2003

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Datum des Ausdrucks: 23.04.2024