Darmstadt 98 ist pleite
Verfasst: 18. Dez 2007, 15:52
Steuerfahnder beim SV 98
Geschäftsstelle in Darmstadt durchsucht
stg. DARMSTADT. Als der Darmstädter Oberbürgermeister Walter Hoffmann im Sommer in der Stadt unterwegs war, um fähige Leute für ein neues Präsidium für den SV Darmstadt 98 zu finden, da formulierte er stets einen großen Wunsch: nach einem Neuanfang für den in jeder Hinsicht angeschlagenen Traditionsverein, der wieder einmal nur viertklassigen Oberligafußball repräsentiert.
Im September wurden Präsident Hans Kessler und sein Führungsteam in die Ämter gewählt - und der Neuanfang bei den "Lilien" ist spürbar. Doch wo Neues entsteht, bekommt das Alte Schwierigkeiten. Seit Freitag ermittelt die Darmstädter Steuerfahndung am Böllenfalltor, die Beamten durchsuchten unter anderem die Geschäftsstelle des Vereins. Im Fokus stehen der von Kessler beurlaubte langjährige Präsidiumsberater Uwe Wiesinger, der 2006 zurückgetretene frühere Sportliche Leiter Thomas Schmidt sowie Wolfgang Arnold, im alten wie im neuen Präsidium zuständig für die Amateurabteilungen. "Es geht um die Spielerverträge", sagt Kessler dieser Zeitung. Gestaltung dieser Papiere war hoheitliche Aufgabe von Wiesinger, der dabei viel Phantasie entwickelte: Darmstädter Verträge verblüfften mit Quantität (zwölf Seiten und mehr waren keine Seltenheit). Inhaltlich wurden bunte Bezahlmodi geboten über Handykosten, Benzingutscheine, Übungsleiterfreibeträge, Minijobs und Darlehen. Entsprechende Papiere liegen dieser Zeitung vor.
Freilich ermöglicht das deutsche Steuerrecht Arbeitgebern diverse Freibeträge und abgabenfreie Vergünstigungen. Ob und wie Wiesinger diesen legalen Spielraum verlassen hat, um dem chronisch klammen Verein Sozialabgaben zu sparen, prüft nun das Finanzamt. Für Wiesinger ist das eine pikante Geschichte, er arbeitet als Steuerberater. Thomas Schmidt, Rechtsanwalt, verweist darauf, dass er als Sportlicher Leiter mit der Gestaltung und Finanzierung der Verträge nie etwas zu tun gehabt hätte.
Die Leiterin des Darmstädter Finanzamtes, Constanze Björnsson, will auf Anfrage nicht bestätigen, dass ihre Behörde aufgrund anonymer Briefe unmittelbar vor der Jahreshauptversammlung der "Lilien" im September aktiv geworden ist. Ein unbekannter Verfasser hatte damals Medien und Behördenleiter von angeblich unlauteren Machenschaften des sogenannten "Systems Wiesinger" unterrichtet. Besonders das Schreiben vom 10. September enthält massive Vorwürfe.
Präsident Kessler wertet den Besuch der Steuerfahnder als Rückschlag für sein Bestreben, dem Verein neue Reputation zu verschaffen. Derzeit verhandele er mit mehreren möglichen Geldgebern über neue Kontrakte beziehungsweise über Verlängerungen von Sponsoringverträgen. Allerdings hatte Kessler bereits vor Wochen einen Wirtschaftsprüfer beauftragt, die 17-jährige Ära Wiesinger zu durchleuchten. "Ein Ergebnis liegt noch nicht vor", sagt der Präsident. Dem Finanzamt versichert er größtmögliche Unterstützung.
Text: F.A.Z., 18.12.2007, Nr. 294 / Seite 60
Geschäftsstelle in Darmstadt durchsucht
stg. DARMSTADT. Als der Darmstädter Oberbürgermeister Walter Hoffmann im Sommer in der Stadt unterwegs war, um fähige Leute für ein neues Präsidium für den SV Darmstadt 98 zu finden, da formulierte er stets einen großen Wunsch: nach einem Neuanfang für den in jeder Hinsicht angeschlagenen Traditionsverein, der wieder einmal nur viertklassigen Oberligafußball repräsentiert.
Im September wurden Präsident Hans Kessler und sein Führungsteam in die Ämter gewählt - und der Neuanfang bei den "Lilien" ist spürbar. Doch wo Neues entsteht, bekommt das Alte Schwierigkeiten. Seit Freitag ermittelt die Darmstädter Steuerfahndung am Böllenfalltor, die Beamten durchsuchten unter anderem die Geschäftsstelle des Vereins. Im Fokus stehen der von Kessler beurlaubte langjährige Präsidiumsberater Uwe Wiesinger, der 2006 zurückgetretene frühere Sportliche Leiter Thomas Schmidt sowie Wolfgang Arnold, im alten wie im neuen Präsidium zuständig für die Amateurabteilungen. "Es geht um die Spielerverträge", sagt Kessler dieser Zeitung. Gestaltung dieser Papiere war hoheitliche Aufgabe von Wiesinger, der dabei viel Phantasie entwickelte: Darmstädter Verträge verblüfften mit Quantität (zwölf Seiten und mehr waren keine Seltenheit). Inhaltlich wurden bunte Bezahlmodi geboten über Handykosten, Benzingutscheine, Übungsleiterfreibeträge, Minijobs und Darlehen. Entsprechende Papiere liegen dieser Zeitung vor.
Freilich ermöglicht das deutsche Steuerrecht Arbeitgebern diverse Freibeträge und abgabenfreie Vergünstigungen. Ob und wie Wiesinger diesen legalen Spielraum verlassen hat, um dem chronisch klammen Verein Sozialabgaben zu sparen, prüft nun das Finanzamt. Für Wiesinger ist das eine pikante Geschichte, er arbeitet als Steuerberater. Thomas Schmidt, Rechtsanwalt, verweist darauf, dass er als Sportlicher Leiter mit der Gestaltung und Finanzierung der Verträge nie etwas zu tun gehabt hätte.
Die Leiterin des Darmstädter Finanzamtes, Constanze Björnsson, will auf Anfrage nicht bestätigen, dass ihre Behörde aufgrund anonymer Briefe unmittelbar vor der Jahreshauptversammlung der "Lilien" im September aktiv geworden ist. Ein unbekannter Verfasser hatte damals Medien und Behördenleiter von angeblich unlauteren Machenschaften des sogenannten "Systems Wiesinger" unterrichtet. Besonders das Schreiben vom 10. September enthält massive Vorwürfe.
Präsident Kessler wertet den Besuch der Steuerfahnder als Rückschlag für sein Bestreben, dem Verein neue Reputation zu verschaffen. Derzeit verhandele er mit mehreren möglichen Geldgebern über neue Kontrakte beziehungsweise über Verlängerungen von Sponsoringverträgen. Allerdings hatte Kessler bereits vor Wochen einen Wirtschaftsprüfer beauftragt, die 17-jährige Ära Wiesinger zu durchleuchten. "Ein Ergebnis liegt noch nicht vor", sagt der Präsident. Dem Finanzamt versichert er größtmögliche Unterstützung.
Text: F.A.Z., 18.12.2007, Nr. 294 / Seite 60