Aus dem ZIS-Jahresbericht:
Kategorie -A- = der friedliche “Fan”
Kategorie -B- = der gewaltbereite/-geneigte “Fan”
Kategorie -C- = der gewaltsuchende “Fan”
Die Polizei Rheinland-Pfalz nennt A-Fans gar "konsumorientiert"

was totaler Quatsch ist. Sie rechnet übrigens dem 1. FCK 200 Fans der Kategorien B/C zu.
Anzumerken ist, daß der ZIS-Jahresbericht 10/11 von insgesamt 557 Fans der Kategorien B und C in der RL Süd spricht. Nimmt man die Einschätzung von allein 120 Kasselern dieser Kategorien hinein, stellt sich plötzlich heraus, daß zwischen einem Viertel und einem Fünftel aller B- und C-Fans der Spielklasse dem KSV zuzurechnen sein sollen. Das halte ich für, nunja, diskussionswürdig und auch das Potential von 120 B/C-Fans in Kassel für deutlich überzogen - mit der Hälfte dürfte man sehr viel näher dran sein.
Generell ist die Praxis, Fans in 3 Kategorien aufzuteilen, in meinen Augen völlig überholt und alles andere als zeitgemäß. Das hat vielleicht mal vor 15, 20 Jahren halbwegs hingehauen, aber heute ist Fankultur deutlich heterogener. Diese Klassifizierung mag das Gefahrenpotential von Einzelpersonen halbwegs kategorisieren können, begreift jedoch den Gruppenprozess überhaupt nicht mit ein und situations- bzw. affektbedingte Handlungen, die zu kurzzeitigen aber nicht dauerhaften Kategoriewechseln führen (Auch A-Fans sind vielleicht einmal ausgetickt weil sie besoffen waren und haben ein Feuerzeug geworfen) werden vollkommen ausgeschlossen. Abgesehen davon besteht sowohl die Möglichkeit, daß es zu Ausschreitungen ohne Beteiligungen von bekannten B/C-Fans kommt, als auch jene, friedlicher Spiele mit B/C-Beteiligung über die Bühne zu bekommen (was in Kassel die Regel darstellt - nicht die Ausnahme). Generell stellen viele seriösen Erhebungen einen deutlichen Rückgang der Gewaltdelikte beim Fußball fest (sofern man klar denken kann und Gewalt von Pyrotechnik trennt, sogar sehr, sehr deutlich). 2010/11 gab es lt. ZIS erstmals wieder einen Zuwachs bei Strafverfahren (NICHT ZU VERWECHSELN MIT VERURTEILUNGEN!) an Körperverletzungen - inwieweit dabei Pyrotechnik eine Rolle spielt, darüber lässt sich der ZIS-Bericht nicht aus. Seit einiger Zeit ist es nämlich in Mode gekommen, beim Zünden von Pyrotechnik (ganz egal, ob etwas passierte) auch gleich den Tatbestand "versuchte Körperverletzung" in die Anzeige miteinzubeziehen. Zuende gedacht heißt das, dass jeder, der schon einmal an Silverster gezündelt hat, möglicherweise ebenfalls "versuchte Körperverletzung" beging, weil die Feuerwerkskörper theoretisch dazu in der Lage sind.
Die Datei Gewalttäter Sport fällt übrigens schon einmal durch ihren falschen Namen auf: Sie müsste eigentlich Gewalttäter Fußball heißen. Man gelangt dort hinein,
ZIS 2008 hat geschrieben:wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sich diese Personen zukünftig im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen an Straftaten von erheblicher Bedeutung beteiligen werden.
Es reicht also die
Annahme, dass jemand Straftaten beim Fußball begehen
könnte. Insofern bist Du wohl aufgenommen, Stehplatznörgler, ahle Gefahrenquelle

Die Speicherung der Daten umfasst bei Erwachsenen übrigens fünf Jahre, bei Kindern (sic!) zwei. Ein Eintrag in die Datei kann u.a. Ausreisebeschränkungen beinhalten, aber auch sogenannte Gefährderansprachen, bei denen vor einem Fußballspiel der Gespeicherte durch die Polizei zuhause oder am Arbeitsplatz (!) aufgesucht wird, um ihm deutlich zu machen, daß er beobachtet werde. Der Fanbetreuer (Lämmi zittert schon

) von Babelsberg 03, Gregor Voehse, wusste übrigens gar nicht, dass er in dieser Datei gelandet ist und hat erst bei einer Routine-Verkehrskontrolle durch eine „Gefährderansprache“ hiervon erfahren

Insofern ist es albern zu behaupten, wer nichts zu verbergen habe, könne ganz entspannt sein (ist ja hier auch gerne mal eine Argumentation). So kann es durchaus möglich sein, durch zufällige örtliche Nähe zu Fanausschreitungen (in der selben Bahn, im selben Block, in der Nähe eines Bengalos) in diese Datei zu gelangen und erst an der Grenze oder am Flughafen durch eine Gefährderansprache darüber informiert zu werden, dass die Ausreise nicht möglich ist, weil ein Fußballspiel in Nähe zum Ferienort stattfindet. Dumm gelaufen, aber schon geschehen. Ein paar andere Beispiele zu Konsequenzen finden sich auch
hier.
Edit sacht noch:
All das wirkt eher wie ein Maßnahmenkatalog zur Terrorismusbekämpfung, auch die Drohneneinsätze, verdeckte Ermittler (gibt's die auch schon bei uns?) etc. sprechen für diese Tendenz. Wenn dann auch noch eine Maischberger auf die Idee kommt, Ultras mit Taliban gleichzusetzen (Sorry, aber bis dahin hat sie ihre Dummheit gut verbergen können...), fragt man sich wirklich, wo all das noch hinführen soll. Und dann kommt so ein Paradiesvogel wie Rainer Wendt und fordert noch üblere Methoden - der Mann sollte lieber in Weißrussland arbeiten, da gehören seine Ideen schon heute zur Tagesordnung
Matador hat geschrieben:Die Redakteurin wirft an dieser Stelle schlicht die Kategorien B und C zusammen. "120 Problemfans" klingt in einer Schlagzeile schlicht besser als "50 & 70".
Der Begriff "Problemfan" ist ohnehin mein Medien-Unwort der heutigen Zeit. Von weitaus häufiger auftretenden sogenannten "Problembullen" konnte ich bislang allerdings selten lesen.

Ja, aber genau das sagt auch der SKB aus Köln: Man habe 120 "Problemfans", auch wenn er vermutlich nur die C'ler meint. Das Wort ist in der Tat völlig Banane. Bei der derzeitigen Hysterie fehlt nur noch, dass man "Problemfans" mit den gleichen Konsequenzen droht, die bei "Problembären" mehr oder weniger erfolgreich angewandt wurden (weil sie bärige Dinge taten...).
Ach ja, noch zurück gehend auf die Frage Fans/Verband/Verhandlungen, Pyrokampagne und so weiter hat Pro Fans eine
Presseerklärung zum Stand der Dinge herausgegeben. Lesenswert!