Auswärtsfahrt nach Fulda

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Günter Kratz
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Beitrag von Günter Kratz » 1. Sep 2005, 10:30

Hallo Löwen!

Schade daß niemand ein bißchen mehr zu dem 0:5 unserer "Zweiten" in Fulda geschrieben hat. Also will ich mich mal dran machen.

Fulda hat ja noch in der vorletzten Saison lange Zeit um die Meisterschaft in der Oberliga Hessen mitgespielt - letztendlich auf Kosten des Klassenerhalts. Die Storys um Ross Shtyn, Dr. Scharrer (ach Quatsch, der gehört ja zu einer ähnlichen Geschichte...), dem großen Geld und den Träumen von der Regionalliga sind Euch bestimmt noch in Erinnerung. Außerdem kennen wir ja spätestens seit "Hönebach" unsere Pappenheimer von der Fuldaer Polizei, und es kann nichts schaden die ab und zu daran zu erinnern was wir von ihnen halten.

Jedenfalls trafen sich am Sonntag Mittag 26 KSV-Fans am Kasseler Hauptbahnhof und dann ging's mit viel Bier und guter Laune in Richtung Bayern. In Melsungen stiegen der Herbert und der Lorch zu. Was das für die Stimmung und die Lautstärke im Zug bedeutete, brauche ich eigentlich nicht zu sagen - eine Mischung aus Kirmes, Volksparkstadion und Fischmarkt... ;-)

In Fulda angekommen, mußten wir erstaunt feststellen, daß wir dem osthessischen Sicherheitsapparat offenichtlich durch's Netz geschlüpft waren: Keine bellenden Hunde, keine Gummiknüppel, keine Videoaufnahmen von uns potetiellen Gewalttätern, und keine Gorillas in Schwimmwesten waren zu unserem Empfang aufmarschiert! - Na sowas? Hm?? - "Hurra! Hurra! Die Kasseler die sind da!" schallte es durch den Bahnhof, um die Ordnungshüter endlich auf uns aufmerksam zu machen. - Nix! :cry:

Also zogen wir singend durch die Stadt in Richtung Johannisau, doch nach kleinen grünen Männchen hielten wir weiterhin vergeblich Ausschau.
An einer großen Kreuzung stand ein Wahlplakat und einige von uns nutzen die Deckung um sich dahinter zu erleichtern. Ich hab' nichts zu verbergen, und deswegen wollte ich dem darauf abgebildeten Politiker von vorn meine Meinung über ihn kundtun, doch irgend ein Ventil klemmte leider. Was ich vor hatte, soll übrigens verboten sein, aber warum darf man nicht auf Politiker pinkeln wo die doch auf uns scheißen?

Das Stadion war noch zu, aber direkt daneben war ein Treffen von unzähligen Radfahrern, die wohl grade ein Rennen beendet hatten. Das Ganze sah aus wie ein großer Biergarten und so gesellten wir uns dazu, tranken ein Bier, aßen etwas und quasselten mit den Leuten. Dann war's Zeit ins Stadion zu gehen, doch auch am Eingang der ehemaligen Hochsicherheitszone interessierte sich niemand dafür, was wir alles mit rein "schmuggelten". Drinnen wollte ein netter junger Mann wissen, warum wir "dieses mal nur so wenige KSV-Fans" wären um unsere Mannschaft zu unterstützen, doch um diese Zeit - ca. 15 Minuten vor Anstoß - waren wir immer noch mehr Kasseler als alle Fuldaer zusammen... :-)

Wir hängten unsere Fahnen auf und warteten in einer Affenhitze auf den Anstoß. Es war schon hart genug in der Sonne zu stehen, geschweige denn auch noch 90 Minuten auf dem Platz herum zu laufen! In den ersten Minuten feuerten wir unsere kleinen Löwen noch an, doch dann machte sich schnell Lethargie breit. Insbesondere weil Djappa nach 3 Minuten das 1:0 für Fulda schoß, und nach 15 Minuten das 2:0 folgen ließ. Fulda blieb weiter überlegen und man konnte schon ahnen, daß es für uns nicht viel zu holen gab. Inzwischen waren auch gut 20 Fans von Fulda im Stadion und alles zusammen würde ich ca. 150 Zuschauer schätzen. Die Fuldaer Fans riefen wenigstens mal etwas, wenn ihre Mannschaft ein Tor schoß, doch der Rest der Zuschauer quittierte das Spiel mit eisigem Schweigen. Nach ca. 35 Minuten machte Djappa mit dem 3:0 seinen Hattrick komplet und als in der 45. Minute auch noch einer unserer Spieler die rote Karte sah, war das Spiel gelaufen.

Die Hitze war schier unerträglich, von Ordnungshütern war weit und breit nichts zu sehen und alle Durchgänge im Stadion waren offen. So zogen wir in der Halbzeit auf die andere Seite des Stadions um - in den Schatten, aber auch direkt neben den Fuldaer "Block". Einige von uns waren gerade irgendwo unterwegs, als wir uns zum Umzug entschlossen. U.a. auch der Lorch und unser Herbert. Die konnten's zu Beginn der zweiten Halbzeit nicht lassen über den niedrigen Zaun zu klettern und - sehr zur "Freude" der Zuschauer auf der Gegentribüne - mit Musik und wüsten Sprüchen unten auf der Laufbahn zu uns rüber zu latschen. Gott sei Dank nahmen die beiden nicht die Abkürzung über den Platz... ;-)

Gleich nach der Halbzeit wurde auch noch der Heinrich Stoller vom Platz gestellt, doch jetzt - im kühlen Schatten - feuerten wir unsere arg dezimierte Mannschaft auch mehr an. Die kam sogar zu einigen Chancen, doch Fulda ließ sich natürlich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen. Im Fuldaer Block neben uns war "tote Hose" - selbst als nach 67 Minuten das 4:0 für Fulda fiel - und so machten wir uns im Laufe der Zeit immer mehr über die lustig. "Stimmung wie in Baunatal!" war noch einer der harmloseren Gesänge. Und dann machten wir den Fuldaern vor, was man bei diesem Spielstand eigentlich von ihnen hätte erwarten müssen: Wir machten eine Stimmung, als ob wir selbst führen würden! Wir ließen einzelne unserer Spieler hochleben und sangen sogar "Oh wie ist das schön!" Das 5:0 kurz vor Schluß war dann nochmal ein richtiger Grund zum Feiern!

Ich hoffe - nein ich bin sicher - unsere Spieler haben das alles richtig verstanden: Wir haben uns nicht über sie lustig gemacht, sondern über die traurigen Reste der Fuldaer Fankultur und eine Mannschaft, die nicht mal gefeiert wird wenn sie 5:0 gewinnt... Statt dessen haben wir uns selbst gefeiert und mit uns ein sympathisches Team, dem man gerne eine unabwendbare Niederlage verzeiht noch bevor das Spiel zu Ende ist!

Wie gesagt, zelebrierten wir die Niederlage am Ende wie einen Sieg mit allem Drum und Dran: "Wir wollen die Löwen sehen!" - Die ließen sich nicht lange bitten. - Die Welle wurde angestimmt, und dann wurde jeder Spieler, Trainer, Betreuer und was weiß ich noch alles abgeklatscht und mit ein paar aufmunternden Worten getröstet. Und die strahlenden Sieger der Partie? Die standen daneben und schauten bedröppelt dabei zu!

Das war aber erst der Auftakt zu dem, was noch alles kommen sollte. Der Zug nach Kassel fuhr erst anderthalb Stunden später und so ging's - wegen der Affenhitze und dem inzwischen geschlosssenen "Biergarten" der Radfahrer - erstmal gemächlich in Richtung Innenstadt. Beim Herbert geht's ja nicht mehr so schnell, und so blieb ich bei ihm während die anderen schon vor gingen. "Wenn man sie nicht sieht, dann hört man sie!" Mit dieser Methode fanden wir die übrige Löwenmeute im "Schöppchen", einer kleinen urig eingerichteten Kneipe mitten in der Fußgängerzone. Und da war schon der Löwe los! Sowas von Spaß und Ausgelassenheit hab' ich selten erlebt und tatsächlich wurde in dieser Stunde die wir dort verbrachten fast ohne Unterbrechung gesungen, gelacht und getrunken! Wirklich ein unbeschreiblich schöner Wahnsinn! Schade für alle, die das nicht erlebt haben!!

Dann mußten wir zum Bahnhof, und auf dem ganzen Weg da hin ging's genauso weiter. Die Leute, die uns fragten wie wir gespielt hatten, wollten gar nicht glauben daß wir 0:5 verloren hatten. Das Ganze hat mich schwer an die Braunfelser erinnert, als die nach ihrer 0:4 Niederlage damals zu uns in den Löwenkäfig gekommen sind. - "Wenn die so ihre Niederlagen feiern, wie feiern die dann erst ihre Siege?" hab' ich mir damals gedacht. Jetzt waren wir in einer ähnlichen Situation.

Apropos "Braunfels": Vor einigen Wochen war der Herr Facca bei einem Spiel der Braunfelser, die ja im Momnet auf Platz 2 der Landesliga Mitte stehen. Jedenfalls soll er uns alle ganz herzlich grüßen und man würde sich sehr freuen, wenn wir mal wieder zu einem Spiel kommen würden. Wie lustig es dabei zu geht, hatte ich ja schon mal vor über anderthalb Jahren erzählt, als unser erstes Spiel nach der Winterpause beim FSV Frankfurt ausgefallen ist und wir Zugfahrer statt dessen mit 15 Mann nach Braunfels gefahren sind. Ganz besondere herzliche Grüße kommen übrigens vom "Arschloch im Tor" ;-) der Braunfelser, dem guten Marc Steinbrenner!

Jetzt weiter im Text: Am Bahnhof gab's erstmal wieder ein paar aufregende Minuten zu überstehen. Während sich zunächst nur der Minuten- später sogar der Sekundenzeiger der Bahnsteiguhr unaufhörlich der Abfahrtszeit näherte, sangen und tanzten Herbert und Lorch noch draußen auf dem Vorplatz. Tasächlich schwebten sie erst sage und schreibe 3 Sekunden vor Abfahrt ein, als der Schaffner schon die Pfeife im Mund hatte. Na ja, wenigstens hat er nicht gegen uns gepfiffen wie der Schieber in Vellmar... Jedenfalls war's nichts für schlechte Nerven!

Im Zug wurde's zwar ein bißchen ruhiger, aber dennoch war die Stimmung so gut wie sonst selten nach einem Auswärtssieg. Ich will nicht sagen wer, aber jemand hatte ein reativ kleines Wahlplakat aus Fulda abmontiert, das einige kleine Kinder dann voll malten während der Pappa seelenruhig einschlief. Die Hitze und das Bier zeigten halt Wirkung. ;-) Jedenfalls schaute sich der "Nordkasseler" das Kunstwerk der Kinder an und wollte das Plakat auf auf einen Sitz werfen. Doch schwups hatte es der Wind gepackt und es flog blitzschnell zum offenen Fenster hinaus und ward nicht mehr gesehen. In Bebra jubelten wir mit "Julio! Julio!" Sprechchören einem jungen Burschen zu, der Julio Cesar sehr ähnlich sah und der lachend zurück winkte. Zwischen Rotenburg und Morschen ging ein älterer Herr zunächst in der einen Richtung durch unseren Wagen. Klausi versprühte eine halbe Dose Deo und fragte den Herren auf dem Rückweg: "Na, wie riecht's jetzt hier? Angenhem, ne?" Der antwortete darauf ganz trocken: "Jedenfalls besser als vorher!" - Und der ganze Laden lag um vor Lachen! Mein Gott, mann kann's gar nicht alles erzählen...

In Melsungen stiegen der Herbert und der Lorch wieder aus und auch die beiden verabschiedeten die übrigen mit Abklatschen und der Welle! Vielleicht kann man daran erkennen, wie ausgelassen die Stimmung um diese Zeit immer noch war, und wie wahnsinnig sie erst in Fulda gewesen sein muß... Sowas hab' ich - zumindest nach einer so deutlichen Niederlage - noch nie erlebt!

Und das Schöne an der ganzen Sache: Es ging alles total friedlich zu! Das lag vielleicht sogar daran, daß während der ganzen Zeit kein einziger Ordnungshüter zu sehen war. Wir wissen ja wie's normalerweise geht: Die wollen was retten wo's nichts zu retten gibt und provozieren allein mit ihrer Anwesenheit Dinge, die ohne sie erst gar nicht passiert wären.

Ja, und dann waren wir wieder in Kassel. Leider mußte ich dann gleich weiter, so daß ich nicht mehr erzählen kann ob und wie's danach weiter gegangen ist. Viele die mit dabei waren, haben ja feste weg Bilder gemacht und es wäre schön, wenn mann die irgendwie Online stellen könnte.

Ganz abgesehen von all dem hat sich die zweite Mannschaft bestimmt über unsere Unterstützung bei einem (richtigen) Auswärtsspiel gefreut und wenn's paßt sollten wir das mal wieder machen!!

Morgen Abend geht's schon wieder zu einem Auswärtsspiel nach Bad Vilbel. Ich freue mich jetzt schon riesig darauf, aber ich fürchte selbst bei einem Sieg wird die Stimmung auf der Rückfahrt nicht so ausgelassen sein wie vorigen Sonntag in Fulda. Egal! Man weiß vorher nie wie's kommt. Also lassen wir uns überraschen und hoffen das Beste!

RWG
Günter
Ab nächsten Samstag wird alles besser! Wir werden's erleben!!

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